Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung erhaltener Zuschüsse zum Rahmen des Unternehmens. Vorsteuerabzug. Umsatzsteuer 1990
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein aus dem Umstand, dass staatliche Zuwendungen als sogenannte echte Zuschüsse anzusehen sind, kann nicht geschlossen werden, dass der Steuerpflichtige insoweit in einem abgrenzbaren Tätigkeitsbereich außerhalb seines Unternehmens tätig geworden ist. Steht die geförderte Tätigkeit in einem sachlichen Zusammenhang zur unternehmerischen Tätigkeit des Zuschussempfängers, so ist sie dem Rahmen des Unternehmens zuzuordnen. Unter sachlichem Zusammenhang in diesem Sinne ist jede Ausweitung, Ergänzung und Abrundung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit anzusehen.
2. Liegt ein objektiv erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der streitigen Leistungsbezüge mit der unternehmerischen Tätigkeit vor, so ist der Unternehmer vollumfänglich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Unerheblich ist, ob es später tatsächlich zur Ausführung entgeltlicher Leistungen gekommen ist, oder ob der Unternehmer eine ernsthafte Absicht zur späteren Ausführung entgeltlicher Umsätze gehabt hat.
Normenkette
UStG 1980 § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1
Tenor
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. September 1998 wird der Bescheid vom 28. November 1996 dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 1990 auf 947.097 DM festgesetzt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Höhe abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist die anteilige Kürzung der geltend gemachten Vorsteuerabzugsbeträge bei der Umsatzsteuer 1990.
Die Klägerin ist eine durch Umwandlung des ehemaligen Brennstoffinstituts F. entstandene GmbH. Gesellschafter waren im Streitjahr die Treuhandanstalt B. (THA) mit 74 % und die Aktiengesellschaft S.P. mit 26 %.
Seit dem 1. Juli 1990 erbringt die Klägerin auf dem Gebiet der Energietechnik im weitesten Sinne Forschungs-, Entwicklungs-, Engineering, Consulting- und sonstige Dienstleistungen. Zu ihrer wirtschaftlichen Situation gab sie in dem Lagebericht zum Jahresabschluss für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1990 an, dass infolge der neuen Bedingungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands ein neues Unternehmenskonzept einschließlich einer angepassten inneren Struktur des ehemals für die Energiewirtschaft der DDR arbeitenden Forschungsinstituts hergestellt werden musste. Nach Einschätzung ihres Prozessvertreters hatte die Klägerin sich zunehmend auf die Geschäftsfelder Gastechnik, Umwelt- und Entsorgungstechnik sowie die Planung und Vorbereitung von Gas- und Dampfturbinen-Kombinationskraftwerken mit integrierter Gaserzeugung zu konzentrieren. Im Rahmen eines Sanierungskonzepts seien die bis dahin bearbeiteten Schwerpunktthemen Brenn- und Rohstoffbewertung sowie Kohleveredelung marktbedingt einzuschränken gewesen. Mit Beginn des Jahres 1991 habe die Klägerin erkannt, dass eine geschlossene Privatisierung nicht möglich sei. Deshalb sei es gemeinsam mit Privatunternehmen zur Gründung von Beteiligungsgesellschaften gekommen; bereits unter dem 28. Mai 1990 sei mit der B. AG, O. eine Beteiligungsgesellschaft zum Zwecke der Vermarktung des GSP-Staubdruckvergasungsverfahrens und der gemeinsamen Bearbeitung von Energie- und Umweltaufgaben gegründet worden. Die Klägerin habe hernach die Beteiligungen im Rahmen einer Holding gehalten.
Die Klägerin erzielte im zweiten Halbjahr 1990 Umsatzerlöse in Höhe von insgesamt 19,1 Mio. DM. Davon seien nach ihrer Einschätzung rund 65 % auf Engineering- und F/E-Leistungen entfallen. Den Schwerpunkt bildeten wissenschaftlich-technische und Ingenieurleistungen zur Verbreitung der Einsatzbasis des von der Klägerin entwickelten GSP-Vergasungsverfahrens für Kombikraftwerke und für die Vergasung von Sonderabfällen. Die Klägerin habe hierfür Fördermittel vom Ministerium für Wirtschaft im Ministerrat der ehemaligen DDR (MfWi) sowie des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BF.) erhalten, die für die Klägerin eine entscheidende Hilfe zur Erlangung einer verbesserten Wettbewerbstätigkeit und zur Auslastung von Forschungsteams auf wirtschaftsrelevanten Gebieten darstellte. Von den institutionellen Fördermitteln des BF. seien rund 3 Mio. DM zur Ausrüstungsmodernisierung und -erweiterung durch moderne Mess-, Versuchs- und Kommunikationstechniken sowie für Aquisitionsmaßnahmen auf den neu bestimmten Geschäftsfeldern in Anspruch genommen worden. Für Projektförderungen, wie z.B. für die Vorbereitung eines Gas- und Dampfkraftwerkes mit integrierter Kohlevergasung nach dem von der Klägerin entwickelten GSP-Vergasungsprozess sowie für die Erarbeitung von Grundlagen zur Stillegung von Kernkraftwerksblöcken in G. und R. seien darüber hinaus 1,31 Mio. DM vom BF. bereitgestellt ...