Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreie Aufwandsentschädigung für Tätigkeiten im Beitrittsgebiet. Einkommensteuer 1994
Leitsatz (amtlich)
Die an Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes für Tätigkeiten im Beitrittsgebiet gezahlten steuerfreien Aufwandsentschädigungen sind jedenfalls dann nicht mit Werbungskosten zu verrechnen, wenn die Werbungskosten auch ohne die Tätigkeit im Beitrittsgebiet entstanden wären.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 12 S. 2, §§ 3c, 9
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid vom 15. Januar 1996 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 1997 wird dahingehend geändert, dass Werbungskosten in Höhe von insgesamt DM 12.117,20 berücksichtigt werden. Die Berechnung der Einkommenssteuer wird dem Beklagten aufgegeben.
2. Die Kosten des Rechtsstreites fallen dem Beklagten zur Last,
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verrechnung von steuerfrei gewährter Aufwandsentschädigung mit Werbungskosten.
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Im Streitjahr 1994 erzielten sie Einkünfte aus nichtselbständiger sowie selbständiger Arbeit. Der Kläger, der als Professor an der Universität Leipzig tätig war, erhielt im Streitjahr letztmals eine steuerfreie Aufwandsentschädigung in Höhe von DM 18.000,00 gem. § 3 Nr. 12 EStG. Im Streitjahr machte er der Höhe nach unstreitige Werbungskosten von DM 12.117,20 wie folgt geltend:
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Juristische Fachliteratur |
DM |
2.075,26 |
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Häusliches Arbeitszimmer |
DM |
2.352,98 |
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Beiträge zu wissenschaftlichen Vereinigungen |
DM |
429,60 |
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Kosten sonstige Arbeitsmittel |
DM |
1.308,71 |
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Bürobedarf, Porto, Telefonkosten |
DM |
1.288,62 |
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Kosten Dienst- und Bewerbungsreisen |
DM |
2.789,03 |
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Sonstige Werbungskosten |
DM |
198,60 |
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Fahrten zwischen Wohnung u. Arbeitsstätte |
DM |
1.674,48 |
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DM |
12.117,20 |
Das vormals zuständige Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug über den gesetzlichen Pauschbetrag (§ 9 a Abs. 1 a EStG) hinaus (Einkommensteuerbescheid vom 15. Januar 1996). Der form- und fristgerechte Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 1997).
Die Kläger vertreten die Auffassung, dass die Versagung des vollen Werbungskostenabzuges auf einer unzutreffenden Anwendung des § 3 c EStG beruhe. Aus dieser Norm könne nicht abgeleitet werden, dass alle Werbungskosten, die zweifelsfrei der Tätigkeit in den neuen Bundesländern zuzuordnen sind, anzurechnen seien.
Der Begriff des „unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges” verlange eine enge Verbindung zwischen der Entstehung und Zweckbestimmung der Einnahmen einerseits und den beruflichen Ausgaben andererseits. Dies bedeute, dass die Ausgaben ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen seien, die die steuerfreien Einnahmen betreffen.
Außerdem sei eine klar abgrenzbare Beziehung zwischen Ausgaben und steuerfreien Einnahmen erforderlich. Demgemäß sei der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs sowohl von einem unmittelbaren Ursachenzusammenhang zwischen der Zahlung von Aufwandsentschädigung und den Werbungskosten geprägt als auch von dem finalen Element, dass die Aufwandsentschädigung gerade zu dem Zweck gewährt werde, die speziellen Kosten der Berufsausübung zu bestreiten. Die für das Streitjahr geltend gemachten Werbungskosten erfüllten jedoch diese Voraussetzungen nicht.
Die gewährte Aufwandsentschädigung solle gerade nicht die dem Betreffenden entstehenden berufsbedingten Kosten ausgleichen. Vielmehr diene sie allein dazu, die ihm durch seine Tätigkeit in seiner allgemeinen Lebensführung entstehenden Mehraufwendungen wie z. B. erhöhte Mietkosten abzudecken. Desweiteren sei es auch keineswegs so, dass die geltend gemachten Werbungskosten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Berufsausübung in den neuen Bundesländern stünden. Es handele sich vielmehr um Kosten, die in gleicher Weise entstanden wären, hätte der Kläger seine Tätigkeit in den alten Bundesländern fortgesetzt. Dies zeige sich besonders deutlich im Bereich der Kosten für Bewerbungsreisen. Es sei offensichtlich, dass ihm die Aufwandsentschädigung nicht dafür gezahlt worden sei, damit er sich andernorts bewerbe.
Im übrigen fehle es an einer klar abgrenzbaren Beziehung zwischen den geltend gemachten Werbungskosten und der gezahlten steuerfreien Aufwandsentschädigung. Dies zeige sich schon darin, dass die Aufwandsentschädigung öffentlichen Bediensteten mit den verschiedensten Tätigkeiten in gleicher Höhe gezahlt werde und zwar nicht nach Tätigkeitsbereichen, sondern nur nach Besoldungsgruppen differenziert.
Diese Auffassung werde letztlich auch durch das Bundesverfassungsgericht – BVerfG – gestützt. Dieses habe in seiner Entscheidung vom 11. November 1998 (2 BvL 10/95, BStBl. II 1999, 502) klar zum Ausdruck gebracht, dass die Aufwandsentschädigung keineswegs gezielt zur pauschalierten Abdeckung v...