Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromableserin erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Kann eine Stromableserin keine nennenswerte Unternehmerinitiative zur Erhaltung oder Steigerung ihrer Einnahmen entfalten und trägt sie kein Unternehmerrisiko, so übt die Stromableserin auch dann eine nichtselbständige Tätigkeit aus, wenn der zu Grunde liegende Vertrag als Werkvertrag bezeichnet worden ist
Normenkette
EStG §§ 19, 15; LStDV § 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Vergütung, die die Klägerin als Jahresverbrauchsableserin für die A AG erhalten hat, zu Einnahmen aus Gewerbebetrieb oder zu Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit führt.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus einer Tätigkeit als Sachbearbeiter bei der A AG. Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2001 von der A AG eine Vergütung als Verbrauchsableserin in Höhe von 1.920,30 DM (1.038 Zählerablesungen zu je 1,85 DM). Grundlage für die Tätigkeit der Klägerin für die A AG war ein "Werkvertrag" für die Jahresverbrauchsablesung 2000. In dem Vertrag heißt es unter anderem, die Zähler seien an Hand der zur Verfügung gestellten Ablesebelege in der Zeit vom 16. November 2000 bis 14. Dezember 2000 (Dezember-Portion) und in der Zeit vom 27. Dezember 2000 bis 29. Januar 2001 (Januar-Portion) abzulesen, als Ablesevergütung werde pro Zähler ein Betrag von 1,85 DM gezahlt. Kosten für die Benutzung des eigenen Kraftfahrzeuges, Beitragsleistungen für Unfallversicherung und Auslagen (Telefon- und Portokosten usw. in Verbindung mit der Ablesung) seien von der Klägerin ebenso zu tragen wie eventuell im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensbesteuerung anfallende Steuern. Innerhalb der vorgesehenen Ablesezeiträume könne die Klägerin ihre Arbeitszeit frei festlegen. Die Ableseeinheit könne im beiderseitigen Einverständnis verändert werden. Sollte die Klägerin persönlich aus Krankheitsgründen oder anderen Umständen verhindert sein, sei es ihre Aufgabe, für eine Vertretung zu sorgen. Diese sei der A AG zu benennen. Fehlerhaft abgelesene Zähler seien von der Klägerin im Rahmen der Gewährleistung nochmals abzulesen, ohne dass ein weiterer Vergütungsanspruch entstehe.
In der Einkommensteuererklärung für 2001 gab die Klägerin die erhaltene Vergütung als Einnahme aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Mit (geändertem) Bescheid vom 10. Januar 2003 setzte das beklagte Finanzamt die Einkommensteuer auf ... DM fest. Dabei berücksichtigte es die erklärten Einnahmen nach Abzug einer Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 25% der Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG. Den dagegen erhobenen Einspruch, mit dem die Kläger geltend machten, dass es sich bei der erhaltenen Vergütung um Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit handele, wies das beklagte Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2003 als unbegründet zurück.
Am 31. März 2003 haben die Kläger Klage erhoben. Sie machen geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 24. Juli 1992, VI R 126/88, BFHE 169, 154, BStBl II 1993, 155) die Tätigkeit als Verbrauchsableserin nicht als gewerbliche Tätigkeit einzuordnen sei.
Die Kläger beantragen nach dem Inhalt ihres Vorbringens,
- den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 10. Januar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2003 zu ändern und die von der A AG gezahlte Vergütung als Einnahme aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
Arbeitnehmer sei, wer seine Arbeitskraft in abhängiger Stellung schulde; kennzeichnend hierfür sei, dass die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers stehe oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sei, ohne ein Unternehmerrisiko zu tragen. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbstständig oder nichtselbstständig ausübe, sei an Hand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Im Rahmen der Gesamtwürdigung komme nach der Rechtsprechung des BFH der Frage, ob zumindest ein gewisses Unternehmerrisiko zu bejahen sei, besonderes Gewicht zu. Bei der zu beurteilenden Vertragsgestaltung könne der Klägerin das Vorliegen eines gewissen Unternehmerrisikos nicht abgesprochen werden. Die Klägerin trage ein Vergütungsrisiko, weil sie ausweislich des Werkvertrages verpflichtet sei, fehlerhaft abgelesene Zähler im Rahmen der Gewährleistung nochmals abzulesen. Für die zusätzliche Tätigkeit stehe ihr kein weiterer Vergütungsanspruch zu. Weiterhin trage die Klägerin das Risiko, dass die von ihr zur Ablesung benutzten Transportmittel bei Ausübung der Tätigkeit abgenutzt oder beschädigt würden. Die Klägerin habe auch - wenn auch in einem eingeschränkten Umfang - Unternehmerinitiative entwickelt. Die Klä...