Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung der Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten - Einräumung von Angelberechtigungen keine Lieferung von Fischen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einräumung des Nutzungsrechts an einer Baumgrabstätte in einem Ruhehain stellt eine steuerfreie Vermietung eines Grundstücks i.S.d. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG dar.
2. Bei der Einräumung von Angelberechtigungen handelt es sich nicht um die Lieferung von Fischen, sondern um sonstige Leistungen, die nicht der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterliegen.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 24 Abs. 1; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. l, Art. 295 Abs. 1 Nrn. 4-5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen in den Streitjahren 2007 bis 2010 der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen. Zwischen den Beteiligten ist weiter streitig, ob die Ruhehain A GmbH (R-GmbH) steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten erzielt, die dem Kläger im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zuzurechnen sind.
Der Kläger betreibt einen Angelsee in A, für den er Anglern gegen Entgelt Angelberechtigungen in Form von Tageskarten einräumt. Die Angler dürfen nach Erwerb einer Angelberechtigung am jeweiligen Tag bis zu 20 Fische fangen. Die Fische werden zuvor vom Kläger in den Angelsee eingesetzt und gemästet; hierbei wird mit einer durchschnittlichen Fangmenge pro Angler von 21/4 kg kalkuliert. Bei den Fischen im Angelsee handelt es sich im Wesentlichen um Forellen und Karpfen; Zierfische befinden sich nicht im Angelsee. Der Kläger betreibt am See zudem einen Kiosk, in dem u.a. Getränke und Angelköder verkauft werden.
Der Kläger ist Eigentümer eines Waldgebiets in der Gemeinde A (Gemeinde). Mit Vertrag vom 1. Mai 2006 mietete die R-GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Kläger ist, vom Kläger bis zum 31. Dezember 2105 ein Nutzungsrecht an den Bäumen, die durch die R-GmbH an Interessenten in Form von Urnenplätzen oder sog. Familienbäumen weitervermietet werden sollten. Die Miete betrug bis zum 30. April 2010 75% der an die R-GmbH gezahlten Mieteinnahmen und ab dem 1. Mai 2010 80%. Der Kläger sollte nach dem Vertrag die Ruhehainbäume auswählen, einmessen, einen Lageplan erstellen und den Wald nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten pflegen. In einem am 2. Mai 2006 zwischen dem Kläger und der R-GmbH abgeschlossenen Vertrag wurde abweichend vom Vertrag vom 1. Mai 2006 geregelt, dass die R-GmbH Nutzungsrechte an den Bäumen im Wald des Klägers an Interessenten in Form von Urnenplätzen oder sog. Familienbäumen vermitteln und die entsprechenden Verträge abschließen sollte. Als Provision sollte die R-GmbH bis zum 30. April 2010 25% und ab dem 1. Mai 2010 20% der von ihr vereinnahmten Mieteinnahmen erhalten.
Am 10. Oktober 2006 erließ die Gemeinde eine Gebührensatzung für den Ruhehain Gemeinde A sowie eine Satzung über die Benutzung des Ruhehains Gemeinde A -Satzung-. § 1 Abs. 2 der Satzung regelt die zum Ruhehain gehörenden Waldflächen, bei denen es sich um die Waldflächen des Klägers handelt, auf die sich der zwischen dem Kläger und der R-GmbH abgeschlossene Vertrag vom 1. Mai 2006 bezieht. Der Gemeinde obliegt nach § 1 Abs. 3 der Satzung als Betreiberin die Verwaltung des Ruhehains. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung kann im Ruhehain jeder bestattet werden, der ein Nutzungsrecht an einer Baumgrabstätte erworben hat. Hierzu werden nach § 2 Abs. 2 der Satzung im Ruhehain Familienbäume, Freundschaftsbäume und Gemeinsame Bäume unterschieden. Das Nutzungsrecht an Familienbäumen bezieht sich nach § 2 Abs. 3 der Satzung auch auf die Familienangehörigen und Lebenspartner, die in dem mit der R-GmbH abzuschließenden Vertrag bezeichnet sind. Das Nutzungsrecht wird nach § 6 der Satzung für einen Zeitraum bis zu 99 Jahren verliehen; die Ruhezeit beträgt vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen 25 Jahre.
Mit Vertrag zwischen dem Kläger und der Gemeinde vom 20. November 2006 wurde in § 1 vereinbart, dass der Kläger der R-GmbH die in der Satzung bezeichneten Waldflächen zur Errichtung des Ruhehains zur Verfügung stellt. Die Verwaltung des Ruhehains sollte von der Gemeinde besorgt werden. In der Einleitung wurde hierzu Folgendes ausgeführt:
„In A wird auf dem Grundeigentum des Herrn C und dessen Rechtsnachfolger (Waldeigentümer) ein kommunaler Friedhof zum Betrieb eines Ruhehaines eingerichtet. Die Beisetzung in einem Ruhehain ist eine Alternative zu einer traditionellen Friedhofsbestattung. Im Ruhehain wird in einem Wald im Wurzelbereich eines ausgewählten Baumes (Ruhehainbaum) eine letzte Ruhestätte ausgewählt. Dort wird die Asche Verstorbener in biologisch abbaubaren Urnen beigesetzt. Die als Ruhehainbäume ausgewählten Bäume des als Friedhofsfläche ausgewiesenen Waldstücks werden markiert ...