Entscheidungsstichwort (Thema)
kein ermäßigter Steuersatz bei Speiseeisverkäufen in Kinos im Rahmen von Filmvorführungen
Nachgehend
Tenor
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob Speiseeisverkäufe in Kinos im Rahmen von Filmvorführungen als Lebensmittelverkäufe dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegen und/oder entsprechend nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b) UStG als unselbständige Nebenleistungen von begünstigten Filmvorführungen, oder ob es sich um Lieferungen von Speisen zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle handelt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG), die mit dem Regelsteuersatz zu versteuern sind.
Der Kläger (Kl.) betrieb in den Streitjahren 1983 bis 1987 mit seinem Einzelunternehmen Filmtheater in A. sowie in B.. Eine am 26. und 27. April 1989 durchgeführte Außenprüfung für 1985 bis 1987 des beklagten Finanzamts (FA) hat im Bericht vom 13. September 1989 u. a. folgendes festgestellt:
Bei den betreffenden Filmtheatern des Kl. handelt es sich um sog. Verzehrkinos. Das Bedienungspersonal bietet während der Filmvorführung verpacktes Speiseeis an. Im jeweiligen Kinosaal befinden sich entweder neben den Sitzplätzen der Kinobesucher Abstellplätze oder vor den Sitzplätzen Abstellborde, auf denen regelmäßig – in Abständen – noch jeweils eine Lampe und ein Aschenbecher stehen.
Hierin sah der Prüfer besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 UStG.
Unter dem Gesichtspunkt, daß die noch nicht verjährten Festsetzungen für 1983 und 1984 gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, traf der Prüfer auch für diese Jahre entsprechende Feststellungen. Er faßte sie insgesamt wie folgt zusammen:
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1983 |
1984 |
1985 |
1986 |
1987 |
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DM |
DM |
DM |
DM |
DM |
Minderung Umsätze zu 7 % |
24.500 |
11.700 |
7.400 |
12.000 |
13.900 |
Erhöhung Umsätze zu 14 % |
22.900 |
10.900 |
6.900 |
11.200 |
13.000 |
Für 1983 ist dabei zu beachten, daß an den bis zum 30. Juni 1983 erklärten Umsätzen zum damaligen ermäßigten Steuersatz von 6,5 % nichts geändert wurde.
Das FA ist der Ansicht des Prüfers in seinen geänderten Umsatzsteuer(USt)-Bescheiden vom 23. November 1989 (1983, 1984, 1986, 1987) und vom 2. Januar 1990 (1985) gefolgt.
Die Einsprüche vom 20. Dezember 1989 und vom 24. Januar 1990 hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 1994).
Hiergegen richtet sich die Klage vom 10. Januar 1995.
Der Kl. vertritt die Ansicht, die Abstellvorrichtungen stellten keine besonderen Vorrichtungen i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 UStG dar. Im übrigen handle es sich bei den Eisverkäufen um unselbständige Nebenleistungen der nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b) UStG begünstigten Filmvorführungen. Es gelte nichts anderes als für Lieferungen von Speisen, Getränken und Süßwaren im Rahmen von Theateraufführungen, bei denen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Qualifikation als unselbständige Nebenleistungen grundsätzlich für möglich gehalten habe. Die geforderten Kriterien seien erfüllt.
Der Kl. beantragt,
die geänderten USt-Bescheide vom 23. November 1989 und vom 2. Januar 1990, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 1994, zu ändern und die USt niedriger festzusetzen:
für 1983 um |
1.490,08 DM |
für 1984 um |
706,76 DM |
für 1985 um |
447,74 DM |
für 1986 um |
727,06 DM |
für 1987 um |
846,33 DM. |
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
und bezieht sich auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung, auf die verwiesen wird.
Beigezogen und Gegenstand des Verfahrens waren die USt- und Betriebsprüfungs(Bp.)-Akten des Kl. beim FA. Auf ihren Inhalt wird wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (von in den Streitjahren seit 1. Juli 1983 7 %) ergibt sich aus § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b) UStG. Nach dieser Vorschrift gilt der ermäßigte Steuersatz für die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen.
Die Verabreichung von verpacktem Speiseeis während der Filmvorführungen stellt sich als unselbständige Nebenleistung dar, die die Vergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b) UStG teilt. Jene setzt voraus, daß sie im Vergleich zur Hauptleistung (der Filmvorführungen) nebensächlich ist, mit ihr eng im Sinn einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung zusammenhängt und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt (BFH, Beschluß vom 18. Dezember 1980 V B 24/80, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1981, 197; Urteil vom 18. Mai 1988 X R 11/82, BStBl II 1988, 799 f).
Im letztzitierten Urteil (a.a.O.) hat der BFH ausgeführt, daß die Lieferungen von Speisen, Getränken und Süßwaren an Theaterbesucher als begünstigte Nebenleistungen angesehen werden könnten. Voraussetzung hierfür sei, daß da...