Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung des Grundvermögens: Mole als Scheinbestandteil bzw. Betriebsvorrichtung
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer auf einer gepachteten Wasseroberfläche - auf fremdem Grund und Boden - errichteten Mole handelt es sich um einen sog. Scheinbestandteil i. S. des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB, der nicht in die Bewertung der Wasseroberfläche einzubeziehen ist.
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Mole außerdem als Betriebsvorrichtung i. S. des § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG zu behandeln ist.
Normenkette
BewG § 68 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 95 Abs. 1 S. 1; BewG § 22 Abs. 3
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beklagte Finanzamt (FA) in dem Einheitswert-(EW)-Bescheid auf den 1. Januar 1990 vom 17. Januar 1994, in dem der EW mit 142.500 DM festgestellt worden ist, zu Recht eine vom Pächter errichtete Mole erfasst hat und ob es verpflichtet ist, eine Fortschreibung zur Beseitigung dieses - von der Klägerin so bezeichneten - Fehlers gemäß § 22 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) durchzuführen.
Die ... GmbH betreibt auf einem mit mehreren Gebäuden bebauten, ihrem Gesellschafter gehörenden, an ... liegenden Grundstück eine Segelschule und eine Marina, zu der u. a. auch eine Bootshebe- und Slipanlage gehört. Mit Nutzungsvertrag vom Oktober 1982 überließ die Klägerin der Firma ... GmbH (im folgenden: GmbH) die zum Betrieb des Segelboothafens erforderliche Wasserfläche von 723 qm zur Nutzung (zur Errichtung und zum Betrieb von Bootsliegeplätzen mit Bootshebeanlage, zwei Fahrwassertonnen, einer Slipanlage).
Im Jahre 1988 plante die GmbH eine Sicherung der Bootshebe- und Jollenslipanlage durch Errichtung einer etwa 110 m langen Mole, bestehend aus einer Stahlspundwand mit einer Steinschüttung, den Bau von zwei Arbeitsstegen und von 12 Bootsliegeplätzen. In dem „Erläuterungsbericht zum Entwurf für die Sicherung der Bootshebe- und Jollenslipanlage“ heißt es dazu u. a.:
„Bei nördlichen bis östlichen Windrichtungen werden durch den Wellenauflauf die ungeschützt liegenden Anlagen derart beeinträchtigt, dass es zu erheblichen Betriebsstörungen während der Auf- und Absliparbeiten kommt. Außerdem entstehen durch den Eisschub während der Wintermonate erhebliche Schäden an den Bootsliege- und Uferanlagen“.
Auf Antrag der GmbH änderte die Gemeinde den für die Marina geltenden Bebauungsplan. In der Begründung für diese Änderung führte die Gemeinde u. a. aus:
„Für die vorhandene Marina südlich des Ortsteiles ... ist im B-Plan der wasserseitige Bereich mit den Marina-bezogenen Bootsliegplätzen aufgenommen worden.
Dieser Bereich ist jedoch ...wärts - zur ... hin - völlig ungeschützt und es hat insbesondere bei nördlichen bzw. nordöstlichen Windlagen zu Schwierigkeiten geführt, Boote an Land bzw. ins Wasser zu bringen, so dass ein reibungsloser Betriebsablauf nicht mehr gewährleistet war. Um die Marina auch wasserseitig in ihrer Funktionsfähigkeit nicht zu gefährden, ist es erforderlich geworden, den Wasserteil zu erweitern, mit Molen zu schützen und die Einfahrt nach Osten hin zu verlegen“.
Unter Bezugnahme auf ihren Erläuterungsbericht beantragte und erhielt die GmbH von dem Wasser- und Schifffahrtsamt eine strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung gem. § 31 Bundeswasserstraßengesetz, vor der vorhandenen Bootshebeanlage zwei Schutzmolen und zwei Arbeitsstege mit Bootsliegeplätzen zu errichten und zu betreiben, das Hafenbecken und die Hafenzufahrt auf NN 3 m zu baggern. Diese Genehmigung wurde der GmbH unter der Auflage erteilt (vgl. I. Ziff. 5 und 6 der strom- und schiffahrtspolizeilichen Genehmigung vom 10. März 1989), die Anlage auf Verlangen des Wasser- und Schifffahrtsamtes auf eigene Kosten ganz oder teilweise zu beseitigen und den früheren Zustand wieder herzustellen, wenn die Genehmigung durch Widerruf oder aus anderem Grund erlischt.
Der Nutzungsvertrag vom Oktober 1982 wurde ersetzt durch den Nutzungsvertrag vom 18./21. April 1989, nach dem die Klägerin, vertreten durch das Wasser-und Schifffahrtsamt, nunmehr die aufgrund der geplanten Baumaßnahmen erforderliche Nutzung einer Wasserfläche von 5.000 qm gestattete. Dieser Nutzungsvertrag wurde für den Zeitraum vom 1. April 1989 bis 31. Dezember 1990 abgeschlossen und sollte sich nach § 2 Abs. 2 nach Ablauf dieser Zeit jeweils um ein weiteres Jahr verlängern, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. § 10 Abs. 1 des Nutzungsvertrags bestimmt: Bei Beendigung des Vertrages hat der Unternehmer die Nutzfläche auf Verlangen der WSV („Wasser- und Schifffahrtsverwaltung“) in den ursprünglichen Zustand oder - wenn die Kosten hierfür nicht höher sind - in einen den veränderten Verhältnissen angepassten ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen.
Die geplanten baulichen Maßnahmen wurden von der GmbH im Laufe des Jahres 1989 durchgeführt. Die Kosten für die Errichtung der Mole wurden in der Erklärung zur Feststellung des EW mit ... DM angegeben.
Für die verpachtete Wasserfläche war im Wege der Nachfeststellung per 1. Januar 1978 ein EW ...