Rz. 13
Entgegen der üblichen Systematik der USt ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur zulässig, wenn ein bestimmter Personenkreis Lieferungen von Kunstgegenständen ausführt oder Kunstgegenstände innergemeinschaftlich erwirbt. Einerseits sind die Urheber der Gegenstände oder deren Rechtsnachfolger begünstigt, andererseits nicht als Wiederverkäufer anzusehende Unternehmer. Bei der Prüfung dieser persönlichen Voraussetzungen für die Steuerermäßigung ist stets auf den Lieferer abzustellen. Dies gilt auch in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs eines Kunstgegenstands. Weil es nach der Systematik der USt grundsätzlich nicht darauf ankommen darf, welche Art von Unternehmern bzw. welcher Personenkreis einen Umsatz ausführt, ist die Neuregelung der Umsatzbesteuerung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken zum 1.1.2014 auf Kritik gestoßen (Rz. 7).
Rz. 14
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG unterliegen die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nr. 53 der Anlage 2 des UStG bezeichneten Gegenstände dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Lieferungen vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden. Wer als Urheber oder Rechtsnachfolger i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG anzusehen ist, ist nach der Verwaltungsauffassung nach den Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes(UrhG) zu beurteilen. Urheber ist nach § 7 UrhG der Schöpfer des Kunstgegenstands. Das Urheberrecht ist zwar vererblich (§ 28 Abs. 1 UrhG). Es ist jedoch grundsätzlich nicht übertragbar. Ausnahmsweise ist es jedoch übertragbar, wenn es in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen (z. B. Testament) oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen wird (§ 29 Abs. 1 UrhG). Rechtsnachfolger ist daher nur, wer nach § 30 UrhG in die Rechtsposition des Urhebers eintritt und das Urheberrecht im Ganzen erhält (z. B. Erben oder Vermächtnisnehmer). Wem nicht das Urheberrecht im Ganzen, sondern nur Nutzungsrechte oder andere in § 29 Abs. 2 UrhG genannte Befugnisse eingeräumt werden, ist kein Rechtsnachfolger. Dies gilt auch dann, wenn diese Rechte oder Befugnisse zusammen mit dem betreffenden Kunstgegenstand übertragen werden. Die Anwendung der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG bleibt bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen unberührt.
In der Praxis sind Urheber der Gegenstände die Künstler selbst, z. B. Maler oder Bildhauer, die ihre eigenen Werke zu Lebzeiten verkaufen. Als Rechtsnachfolger der Urheber kommen insbesondere deren Erben in Betracht. Daraus folgt, dass die Erben eines Künstlers dessen künstlerischen Nachlass, soweit die einzelnen Kunstgegenstände unter die Nr. 53 der Anlage 2 des UStG fallen, zum ermäßigten Steuersatz verkaufen können. Dies dürfte ebenso für die Erben der Erben gelten. Dagegen müssen Unternehmer, die weder Urheber noch deren Rechtsnachfolger sind (insbesondere Galeristen und Kunsthändler), gleichartige Gegenstände zum allgemeinen Steuersatz verkaufen.
Rz. 15
Zweifelhaft war, ob der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG auf die Umsätze von Kunstgießereien Anwendung finden kann, insbesondere auf die in Nr. 53 der Anlage 2 des UStG aufgeführten Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst (Rz. 11). Hierzu hat das LfSt Bayern Stellung genommen. Danach sind Werke im urheberrechtlichen Sinne nach § 2 Abs. 2 UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen. Schöpfer des Werkes ist damit stets nur der Künstler selbst. Eine Kunstgießerei ist dementsprechend grundsätzlich weder Urheber i. S. d. § 7 UrhG noch Miturheber i. S. d. § 8 UrhG des eigentlichen Werkes, wenn die Kunstgießerei lediglich die handwerkliche Umsetzung des Werkes durch Anfertigung eines Abgusses auftragsgemäß für den Künstler ausführt (z. B. anhand eines vom Künstler angefertigten Negativs oder sonstigen konkreten Entwurfs). Insbesondere beim Patinieren und Ziselieren im Rahmen einer Auftragsarbeit im vorgenannten Sinn handele es sich nicht um eigene künstlerische Leistungen, sondern um erforderliche Arbeitsschritte, um das in Auftrag gegebene Werk getreu den Vorgaben des Künstlers handwerklich exakt nachzuarbeiten. Sämtliche künstlerischen Vorgaben stammten in diesen Fällen allein vom Auftrag gebenden Künstler, der auch alleiniger Schöpfer und damit Urheber des Werkes bliebe.
Nur wenn die Kunstgießerei das Werk auch selbstständig – ohne eigene Vorlage des Auftraggebers – entworfen hat, ist sie als Urheber i. S. d. § 7 UrhG anzusehen. Nur in diesem Fall komme folglich eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG in Betracht.