Rz. 101
Als selbstständige Werkgattung sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden, geschützt. Es handelt sich bei ihnen um Werke eigener Art, nicht etwa nur um die auf dem Filmstreifen festgehaltene Aufführung des Drehbuchs. Die Verschmelzung der bei der Verfilmung benutzten Werke (z. B. Sprachwerke, Musikwerke, Werke der Baukunst, Lichtbildwerke) zu einer Einheit und ihre Umwandlung in das Bildliche stellen einen eigenen schöpferischen Vorgang dar, bei dem das Filmwerk als ein neues Werk entsteht. Von dem Wortlaut "Werk" her ergibt sich die Notwendigkeit einer persönlichen geistigen Leistung. Fehlt es hieran, so entstehen keine Filmwerke, sondern lediglich Laufbilder. Film – Tonfilm sowie Stummfilm – ist der rechtliche Oberbegriff, der sowohl die Filmwerke als auch die Laufbilder erfasst. Hieraus folgt, dass ein Filmwerk (ebenso auch Laufbilder) nicht auf einen Bild- oder Tonträger fixiert zu sein braucht. Film i. S. d. UrhG ist daher nicht der Filmstreifen (Bild- und Tonträger, auf dem der Film – falls er überhaupt aufgezeichnet wurde – festgehalten ist), sondern die filmisch gestaltete Bildfolge als solche. Hiernach sind auch die Bildfolgen des Fernsehens (einschließlich der Live-Sendungen) als Filme zu qualifizieren.
Rz. 102
Zu den geschützten Werken gehören insbesondere Spielfilme, Kulturfilme, Industriefilme, Werbefilme, Videoclips u. Ä. sowie Filme für Kino-, Fernseh-, Videozwecke (insbesondere Filme für Filmtheater, Filme für Fernsehausstrahlungen, Bildplatten, Videokassetten und vergleichbare Bildträger) und aufgezeichnete Sendungen sowie Live-Sendungen von der Politik bis zur Unterhaltung. Besonders zu beachten ist, dass die allgemeinen urheberrechtlichen Vorschriften des Ersten Teils des UrhG sowie die Vorschriften des Zweiten Teils über verwandte Schutzrechte für Filmwerke nur insoweit gelten, als im Dritten Teil des UrhG, der besondere Bestimmungen für Filme enthält, nichts anderes bestimmt ist. Sowohl an Filmwerken als auch an Laufbildern erwirbt der Filmhersteller – abgesehen von den urheberrechtlichen Nutzungsrechten – das Leistungsschutzrecht des § 94 UrhG.
Rz. 103
Bei der Herstellung von Filmwerken, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG urheberrechtlich geschützt sind, werden nach den § 88 und § 89 UrhG im Zweifel dem Hersteller ausschließliche Nutzungsrechte an den Verwertungsrechten der Urheber eingeräumt. Der Hersteller ist damit zur Nutzung des Filmwerks auf alle bekannten Nutzungsarten berechtigt. Der Hersteller hat zudem nach § 94 UrhG im Hinblick auf seine wirtschaftliche, finanzielle und organisatorische Leistung (die sich im fertiggestellten Filmwerk verkörpert) ein originäres Leistungsschutzrecht. Er hat das ausschließliche Recht, den Bild- und Tonträger, auf dem das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung oder Funksendung zu benutzen. Daraus folgt das uneingeschränkte Recht des Filmherstellers zur kommerziellen Verwertung in den einzelnen Nutzungsarten. An den Bildfolgen ohne Filmwerkcharakter (sog. Laufbilder) gewährt § 95 UrhG die originären Leistungsschutzrechte des § 94 UrhG dem Hersteller in entsprechender Anwendung. Für die Verwertung von Filmwerken und sonstigen Bildfolgen folgt daraus, dass sie sich in Gestalt von Rechtseinräumungen oder durch Rechtsüberlassung vollzieht. Die Überlassung des Werk- oder Vervielfältigungsstücks, d. h. des Filmträgers als dem körperlichen Substrat der aufgezeichneten Bild- und Tonfolge, folgt aus dieser Befugnis. Aufgrund dieser Erwägungen hat der BFH bei Vorgängen der Rechtseinräumung nach dem Urheberrecht, die mit der Überlassung von Werk- oder Vervielfältigungsstücken verbunden ist, in der Rechtseinräumung den wesentlichen Charakter der Leistung gesehen, weil sich darin der eigentliche wirtschaftliche Wert verkörpert, hinter dem der Eigentumswechsel am Werk- oder Vervielfältigungsstück zurücktritt.
Rz. 104
Urheberrechtlich sind auch sog. Industrie- und Werbefilme schutzfähige Filmstreifen des (beauftragten) Filmherstellers, sofern ihnen grds. ein gedanklicher Inhalt zugrunde liegt und sie bes. schöpferische Eigenarten erkennen lassen. Die für die Annahme eines Filmwerks erforderliche persönliche geistige Schöpfung kann auch einem Film zugebilligt werden, der darauf abzielt, ein wirkliches Geschehen im Bild festzuhalten. Dies setzt voraus, dass sich der Film nicht in der bloß schematischen Aneinanderreihung von Lichtbildern erschöpft, sondern sich durch die Auswahl, Anordnung und Sammlung des Stoffs sowie durch die Art der Zusammenstellung der einzelnen Bildfolgen als das Ergebnis individuellen Schaffens darstellt. Hebt sich ein Film von einem rein chronologisch und schematisch ablaufenden Abfilmen durch die Verbindung der Dokumentation eines tatsächlichen Geschehens mit Einblendungen gezielt ausgewählter Begleitumstände ab, so handelt es sich um ein Filmwerk.