Rz. 150
In der Insolvenz des Sicherungsgebers kommt es bei der Veräußerung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsnehmer nach Freigabe zur Verwertung durch den Insolvenzverwalter regelmäßig zu zwei Lieferungen: eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer und gleichzeitig eine weitere Lieferung des Sicherungsnehmers an den Erwerber des Sicherungsguts. Die durch die Lieferung des Sicherungsgebers ausgelöste USt gehört nach h. M. zu den Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 InsO.
Rz. 151
Auch wenn der Insolvenzverwalter in der Insolvenz des Sicherungsgebers dem Insolvenzschuldner sicherungsübereignete Gegenstände mit der Maßgabe freigibt, dass der Verwertungserlös der Insolvenzmasse zugutekommen soll (sog. modifizierte Freigabe), so entsteht mit der Herausgabe des Sicherungsguts durch den Insolvenzschuldner an den Sicherungsnehmer USt zulasten der Insolvenzmasse.
Rz. 152
Die Entstehung von USt zulasten der Insolvenzmasse entfällt nur dann, wenn das Sicherungsgut vom Insolvenzverwalter dem Insolvenzschuldner zur freien Verfügung überlassen wird (sog. echte Freigabe). Überlässt sodann der Insolvenzschuldner das Sicherungsgut kraft eigenen Verfügungsrechts dem Sicherungsnehmer, so trifft die umsatzsteuerrechtliche Folge der Herausgabe an den Sicherungsnehmer nicht den Insolvenzverwalter, sondern – unter den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG genannten Voraussetzungen – den Insolvenzschuldner. Die Freigabe des sicherungsübereigneten Gegenstands durch den Insolvenzverwalter an den Insolvenzschuldner ist in einem solchen Fall der (unbedingten) Freigabe nicht umsatzsteuerbar; denn das Sicherungsgut bleibt im Vermögen desselben Rechtsträgers. Die Freigabe führt allein dazu, dass es nicht mehr zum insolvenzbehafteten, sondern zum insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners gehört. Überlässt anschließend der Insolvenzschuldner das nunmehr insolvenzfreie Sicherungsgut dem Sicherungsnehmer zur Verwertung, so liegt mit dem Beginn der Verwertung sowohl eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer als auch eine Lieferung des Sicherungsnehmers an den erwerbenden Dritten vor.
Rz. 153
Veräußert der Insolvenzverwalter das Sicherungsgut kraft eigener Befugnis (ggf. mit Zustimmung des Sicherungseigentümers) selbst, so liegt nach h. M. nur eine Lieferung des Insolvenzschuldners an den Erwerber vor. Der Sicherungsnehmer erlangt keine Verfügungsmacht, sondern erhält nur den Erlös aus der Verwertung. Die bei der Veräußerung durch den Insolvenzverwalter anfallende USt gehört zu den Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 InsO. Soweit der Erlös dem Sicherungsnehmer zufließt, muss dieser die Kürzung um die USt durch den Insolvenzverwalter hinnehmen.
Rz. 154
Verwertet vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter einen sicherungsübereigneten Gegenstand, so erbringt er für den Gemeinschuldner eine Lieferung an den Erwerber. Da es zu keiner Lieferung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer kommt, handelt es sich nicht um einen Doppelumsatz. Die aus der Lieferung resultierende USt stellt eine Masseverbindlichkeit dar. Entsprechendes gilt bei der Verwertung durch einen vom Insolvenzgericht zur Veräußerung ermächtigten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter. Im Übrigen werden infolge der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände durch einen schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter nicht die Rechtsfolgen des § 55 Abs. 2 InsO ausgelöst.