Rz. 51
Nach § 14 Abs. 2 S. 5 UStG in der ab dem 1.1.2025 geltenden Fassung des Wachstumschancengesetzes v. 27.3.2024 (bis zum 31.12.2024 regelungsidentisch in § 14 Abs. 2 S. 3 UStG normiert) kann eine Rechnung auch durch einen in § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG bezeichneten Leistungsempfänger ausgestellt werden, wenn die an dem umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch beteiligten Personen dies vorher vereinbart haben, diese Abrechnung dem leistenden Unternehmer übermittelt wird und dieser nicht widerspricht. Damit können also Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UStG, wenn sie eine – steuerpflichtige oder steuerfreie – entgeltliche Lieferung oder sonstige Leistung für ihr Unternehmen empfangen, sowie juristische Personen i. S. d. § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UStG, ohne Rücksicht auf ihre Unternehmereigenschaft und die von ihnen getroffene Zuordnungsentscheidung, wie der leistende Unternehmer gegenüber diesem abrechnen. Das Gesetz bezeichnet diese vom Leistungsempfänger ausgestellten Abrechnungsdokumente als "Gutschrift". Das Wort "Gutschrift" wird umgangssprachlich allerdings oft anders verwendet, insbesondere für die Fälle, in denen eine Lieferung rückgängig gemacht wird, wird häufig die Preiserstattung als Gutschrift deklariert – "Storno-Gutschrift". Diese sog. kaufmännische Gutschrift hat nichts mit der Gutschrift gem. § 14 Abs. 2 S. 5 UStG gemein. Wird in einer kaufmännischen Gutschrift der Begriff "Gutschrift" verwendet, obwohl keine Gutschrift im umsatzsteuerlichen Sinne nach § 14 Abs. 2 S. 5 UStG vorliegt, ist dies nach Verwaltungsauffassung aber umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich (Abschn. 14.3 Abs. 2 S. 5 UStAE); die Bezeichnung "Gutschrift" führt allein nicht zur Anwendung des § 14c UStG.
Rz. 52
Die Verpflichtung des leistenden Unternehmers zur Ausstellung einer Rechnung nach § 14 Abs. 2 S. 2 UStG bleibt aber grundsätzlich bestehen, nur ihre Erfüllung kann mittels Abrechnung durch Gutschrift auf den Leistungsempfänger übertragen werden. Daher gelten die neuen Regelungen zur verpflichtenden Verwendung von E-Rechnungen ab 1.1.2025 folglich genauso für die Rechnungsausstellung in Form einer Gutschrift. Die vom Gesamtumsatz abhängige weitergehende Übergangsregelung zur verpflichtenden Abrechnung mittels E-Rechnung für einen nach dem 31.12.2026 ausgeführten Umsatz bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2027 (Rz. 44) ist bei Rechnungserteilung in Form einer Gutschrift auf den Gesamtumsatz des Gutschriftenausstellers abzustellen.
Rz. 53
Die steuerliche Anerkennung einer Gutschrift setzt das Einverständnis zwischen dem ausstellenden Leistungsempfänger und dem Empfänger der Gutschrift voraus, dass mittels einer Gutschrift abgerechnet werden soll (§ 14 Abs. 2 S. 5 UStG). Bei diesem Einverständnis handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag, der die übereinstimmenden Willenserklärungen der Beteiligten des Leistungsaustausches enthält, über diesen Leistungsaustausch mit einer Gutschrift abzurechnen (Abschn. 14.3 Abs. 2 S. 1 UStAE). Diese Vereinbarung zur Abrechnung mittels Gutschrift ist an keine besondere Form gebunden (Abschn. 14.3 Abs. 2 S. 3 UStAE). Die bloße Zusendung einer Gutschrift an den leistenden Unternehmer gegen dessen Willen ist aber nicht geeignet, das erforderliche Einverständnis herzustellen, da die Vereinbarung grundsätzlich vor der Abrechnungserteilung getroffen worden sein muss (Abschn. 14.3 Abs. 2 S. 2 UStAE).
Rz. 54
Die Gutschrift verliert gem. § 14 Abs. 2 S. 6 UStG ihre Wirkung als Rechnung insgesamt, wenn der Empfänger der Gutschrift dieser widerspricht. Die Widerspruchsmöglichkeit ist nicht auf Gutschriften beschränkt, die nicht ordnungsgemäß sind. Vielmehr kann der Empfänger auch eine Gutschrift widersprechen, die den zivilrechtlichen Vereinbarungen entspricht und die Umsatzsteuer zutreffend ausweist. Es ist allerdings fraglich, ob dies noch dem sog. "Verfahren zur Akzeptierung" der Gutschrift nach Art. 224 MwStSystRL entspricht. Andererseits kennt der Leistungsempfänger die bedingungslos zugelassene Widerrufsmöglichkeit durch den Leistenden oder muss sie jedenfalls kennen, sodass keines besonderen Schutzes des Leistungsempfängers bedarf. Darüber hinaus kann der Gutschriftaussteller nach einem Widerspruch gegen den leistenden Unternehmer seinen Anspruch auf Rechnungserteilung und ggf. Ersatz seines Zinsschadens geltend machen.
Das Umsatzsteuergesetz sieht weder eine Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 14 Abs. 2 S. 6 UStG gegenüber einer Gutschrift, noch eine Frist für die Möglichkeit der Berichtigung einer Gutschrift vor, sodass diese Handlungen bis zur zivilrechtlichen Verjährung möglich sind.
Rz. 55
Für die Wirksamkeit einer Gutschrift und des damit verbundenen Rechts auf Vorsteuerabzug durch den Aussteller der Gutschrift ist letztlich Voraussetzung, dass die Gutschrift dem leistenden Unternehmer übermittelt worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass die dem Gutschriftempfänger eingeräumte Widerspruchsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2 S. 6 UStG denklogi...