Rz. 64
§ 16 Abs. 1 S. 2 UStG bestimmt das Kj. als Besteuerungszeitraum. Nach § 18 Abs. 3 S. 1 UStG hat der Unternehmer für das Kj. eine Steuererklärung zu übermitteln. Technisch werden geschuldete USt und Vorsteuern des Besteuerungszeitraums zusammengefasst und dann saldiert an das FA gemeldet (§ 16 UStG Rz. 27 – Rz. 35). Nach § 18 Abs. 2 S. 1 UStG ist das Quartal der Voranmeldungszeitraum. Beträgt allerdings die geschuldete USt des Vorjahrs mehr als 7.500 EUR (ab 2025 geplant: 9.000 EUR), ist der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum. Unternehmer, deren Vorjahressteuerlast unter 1.000 EUR (ab 2025: 2.000 EUR) lag, können von der Übermittlung von Voranmeldungen von Amts wegen befreit werden. Zu übermitteln ist die Voranmeldung bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums und am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig. Dieses Verfahren des Schuldens der Steuer sowie der Verpflichtung, Umsätze zusammengefasst für einen bestimmten Zeitraum anzumelden, bedarf einer rechtlichen Grundlage. Diese findet sich in § 13 UStG und betrifft die Entstehung der Steuer. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Es kommt für den Regelfall, der sog. Sollbesteuerung oder Besteuerung nach vereinbarten Umsätzen, also weder darauf an, wann die Rechnung geschrieben wurde noch wann für die Leistung die Bezahlung erfolgt ist. Zu diesen Grundsätzen sind zwei bedeutsame Ausnahmen zu beachten. In sog. Neugründungsfällen ist gem. § 18 Abs. 2 S. 4 UStG in den ersten beiden Kalenderjahren stets der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum (vgl. aber für 2021-2026 Rz. 26e). In Fällen der sog. Istbesteuerung – oder Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG i. V. m. § 20 UStG – lässt es das Gesetz zu, abweichend vom Leistungszeitpunkt den Zeitpunkt der Einnahme des Entgelts (Bezahlung) als Entstehenszeitpunkt zu wählen. Die Verpflichtung, eine Jahreserklärung zu übermitteln, trifft sämtliche Unternehmer gleichermaßen. Nach § 18 Abs. 3 S. 1 UStG hat der Unternehmer für das Kj. eine Steuererklärung zu übermitteln. Die Übermittlungsfrist ist nicht im UStG, sondern in der AO geregelt (Rz. 69).
Rz. 65
Wenn also in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG ausgeführt wird, dass die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind, nach § 18 Abs. 2 UStG aber gar keine USt-Voranmeldung abzugeben ist, sondern nur eine Jahreserklärung, dann entsteht die Steuer quasi erst mit Ablauf des Besteuerungszeitraums und muss dann erst innerhalb der Frist der Übermittlung der Jahreserklärung angemeldet werden.
Rz. 66
Nach den vorstehenden Ausführungen kommt somit dem Besteuerungszeitraum zwar eine grundsätzliche Bedeutung in Bezug auf eine Abschnittsbesteuerung zu, allerdings ist für die weit überwiegende Mehrheit der Anwendungsfälle für die Besteuerung der Voranmeldungszeitraum von größerer Bedeutung, weshalb auch die Ausführungen im Gesetz, die sich aus der Voranmeldung ergebene Steuer als "Vorauszahlung" zu bezeichnen, zumindest fraglich ist (Rz. 18). Zwar beschreibt der Besteuerungszeitraum den Zeitraum, für den eine Steuererklärung abzugeben ist, allerdings kann sich daraus nur insoweit noch eine Steuer oder ein Überschuss ergeben, wenn keine Voranmeldungen abgegeben wurden oder sich noch Abweichungen gegenüber den Voranmeldungen ergeben haben.
Rz. 66a
Dass dem Kalenderjahr als Besteuerungszeitraum nur eine gegenüber dem eigentlichen Voranmeldungszeitraum untergeordnete Bedeutung zukommt, ergibt sich zudem aus § 27 Abs. 1 UStG. Gem. § 27 Abs. 1 S. 1 UStG sind Gesetzesänderungen auf alle Umsätze anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsvorschrift ausgeführt werden. Dies gilt auch für Anzahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG. Demzufolge ist es z. B. möglich, auch unterjährig eine Steuersatzänderung vorzunehmen. Der maßgebliche Steuersatz ergibt sich dann nach dem jeweiligen Voranmeldungszeitraum i. S. d. § 13 UStG und eben nicht einheitlich nach dem Steuersatz der zum Ablauf des in § 16 Abs. 1 S. 2 UStG bezeichneten Besteuerungszeitraum "Kalenderjahr" gilt. Würde der Gesetzgeber z. B. zum 1.5. den Steuersatz von 19 % auf 20 % anheben, wären davon bei Monatsanmeldern die ab dem 1.5. ausgeführten Umsätze mit 20 % zu versteuern. Bei Quartalsanmeldern wären von der Steuersatzerhöhung bereits alle ab dem 1.4. ausgeführten Umsätze betroffen, weil die USt gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraum (2. Quartal) entsteht. Dies ist der Ablauf des Monats Juni, für den der Steuersatz i. H. v. 20 % gilt. Für Unternehmer, die keine Voranmeldungen übermitteln, sondern ausschließlich Jahreserklärungen, gilt der Steuersatz von 20 % bereits für die ab dem 1.1. ausgeführten Umsätze, weil die USt erst mit Ablauf ...