Rz. 78
Nach § 24 Abs. 2 S. 2 UStG gehören zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind. Wie in Rz. 41ff. dargelegt, ist die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenbetrieb ebenso wie die ertragsteuerlich geprägte Abgrenzung zum Gewerbebetrieb bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 24 UStG jedoch insofern unbeachtlich, als die Umsätze des Land- und Forstwirts nur dann der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen, wenn der Land- und Forstwirt selbst landwirtschaftlicher Erzeuger i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 MwStSystRL i. V. m. Anhang VII MwStSystRL ist (Rz. 44ff.) und soweit er eigene landwirtschaftliche Erzeugnisse i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL i. V. m. Anhang VII MwStSystRL bzw. i. V. m. Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL liefert bzw. landwirtschaftliche Dienstleistungen i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL i. V. m. Anhang VIII MwStSystRL erbringt (Rz. 129ff.). Dementsprechend enthalten die Abschn. 24.1ff. UStAE in der seit dem 1.1.2011 geltenden Fassung nicht einmal mehr eine Definition des land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs. Vielmehr wird in Abschn. 24.1 Abs. 1 S. 4 UStAE lediglich bestimmt, dass auch für die im Rahmen des Nebenbetriebs erzielten Umsätze die richtlinienkonforme Auslegung des § 24 UStG gilt.
Rz. 79 einstweilen frei
Rz. 80
Bei richtlinienkonformer Auslegung unterliegt der Absatz der im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzeugten Erzeugnisse des Land- und Forstwirts auch beim Verkauf über einen nichtlandwirtschaftlichen Absatzbetrieb desselben Unternehmers der Durchschnittssatzbesteuerung. Denn die Vermarktung der eigenen Erzeugnisse durch denselben Unternehmer ist umsatzsteuerlich notwendigerweise dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen. Dies ist nicht auf Fälle sog. Hofläden beschränkt. Vielmehr unterliegt z. B. auch der Verkauf selbst erzeugter Pflanzen eines pauschalierenden, landwirtschaftlichen Gartenbaubetriebs durch den nichtlandwirtschaftlichen Gartenmarkt desselben Unternehmers grds. der Durchschnittssatzbesteuerung. Das gilt auch dann, wenn der Absatzbetrieb eine Organgesellschaft ist.
Denn die Umsätze aus der Vermarktung der im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb produzierten Erzeugnisse durch eine Organgesellschaft sind aufgrund der durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG angeordneten Unselbstständigkeit der Organtochter dem Organträger zuzurechnen. Im Streitfall des BFH-Urteils v. 10.8.2017 hatte die Organgesellschaft das im landwirtschaftlichen Betrieb erzeugte Gemüse gewaschen und verpackt weiterverkauft und war wie eine feste Niederlassung des Organträgers zu behandeln. Insofern kam es nicht darauf an, dass für Besteuerungszeiträume bis einschließlich 2020 der § 24 Abs. 2 S. 3 UStG für Gewerbebetriebe kraft Rechtsform und damit u. a. für Organgesellschaften die Regelbesteuerung angeordnet hatte (Rz. 90ff.). Hiervon abzugrenzen sind aber die in Rz. 284ff. behandelten Fälle, in denen die Organgesellschaft eigene Erzeugnisse verkauft, zu denen sie Vorerzeugnisse vom Organträger bezogen hat. S. außerdem Rz. 94 und Rz. 245 zu Fragen der Betriebsteilung.
Rz. 81
Voraussetzung eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs ist nach alter Definition der UStR 2008, dass ein land- und forstwirtschaftlicher Hauptbetrieb desselben Unternehmers vorhanden ist. Keine Nebenbetriebe sind daher mangels eines gemeinsamen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebs die Gemeinschaftsbetriebe mehrerer Landwirte, die z. B. der gemeinsamen Verarbeitung ihrer Erzeugnisse dienen (z. B. eine gemeinschaftlich in der Rechtsform einer Genossenschaft betriebene Molkerei mehrerer Milchbauern oder ein gemeinsamer Trocknungsbetrieb für Grünfutter und Kartoffeln). Gleiches gilt für die Maschinenringe, in denen sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe zusammenschließen, um insbesondere Landmaschinen gemeinsam zu nutzen und landwirtschaftliche Arbeitskräfte zu vermitteln. S. zu Jagdgenossenschaften und zu Forstbetriebsgemeinschaften Rz. 77. S. im Übrigen zum Ausschluss der Gewerbebetriebe kraft Rechtsform von der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 2 S. 3 UStG bis zum Jahr 2020 Rz. 90ff. Die weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Nebenbetriebs ist, dass dieser derart mit dem Hauptbetrieb wirtschaftlich verbunden ist, dass er planmäßig auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und von untergeordneter Bedeutung ist. Bei den land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieben wird zwischen Verarbeitungsbetrieben und Substanzbetrieben unterschieden:
Rz. 82
Verarbeitungsbetriebe sind nach alter Definition umsatzsteuerlich Nebenbetriebe, wenn in ihnen überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugte land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (Rohstoffe) verarbeitet werden. S. im Übrigen zu der Frage, inwieweit die Erzeugnisse land- und forstwirtschaftlicher Verarbeitungsbetriebe unter die Durchschnittssatzbesteueru...