Rz. 58
Leistungen von Arbeitsgemeinschaften, die Krankenkassen und ihre Verbände zur gegenseitigen Unterrichtung, Abstimmung, Koordinierung und Förderung der Zusammenarbeit im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben bilden können, sind nicht nach § 4 Nr. 15 Buchst. a UStG steuerfrei. Das gilt auch für Arbeitsgemeinschaften, die Krankenkassen und ihre Verbände insbesondere mit Kassenärztlichen Vereinigungen und anderen Leistungserbringern sowie mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst zur Förderung der Gesundheit, Prävention, Versorgung chronisch Kranker und Rehabilitation bilden können. Zwar stellen die Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V eine vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Organisationsform dar, andererseits haben die gesetzlichen Sozialversicherungsträger jedoch auch die Möglichkeit, Aufgabengebiete (z. B. Rechnerbetrieb und Fachberatung auf dem Gebiet der Datenverarbeitung) an fremde Dritte zu vergeben. Von daher würde eine umsatzsteuerliche Privilegierung der Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V zu einer unzulässigen Wettbewerbsverzerrung führen. Allerdings sollen die von einer von (Betriebs-)Krankenkassen gegründeten Genossenschaft nach § 219 SGB V durch die EDV-technische Abwicklung der Tätigkeiten der Mitglieder vereinnahmten Entgelte nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-Richtlinie steuerfrei sein, wenn gem. § 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X Wettbewerbsverzerrungen ausscheiden, nach dem wegen der Übernahme des gesamten Datenbestands das Erteilen des Auftrages an nicht-öffentliche Stellen nicht möglich sei und die Festlegung der Preise der bloßen Kostendeckung dienten. Dem soll die Erzielung von Gewinnen in einzelnen Jahren nicht entgegenstehen, wenn sich diese in Investitionsjahren (mehr als) ausgleichen.
Rz. 59
Ob für Leistungen von Arbeitsgemeinschaften i. S. v. § 219 SGB V eine Steuerbefreiung unter unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL in Betracht kommen kann, war früher fraglich. Nach der Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten Dienstleistungen, die selbstständige Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern unter der weiteren Voraussetzung, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Bis 31.12.2019 war diese Regelung nur in § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG (Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der dort genannten Heil- und Heilhilfsberufe sind) in nationales Recht umgesetzt, weil ein darüber hinausgehender (gesetzgeberischer) Bedarf bzw. weitere Fallgestaltungen, die die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllen, für den nationalen Gesetzgeber offensichtlich nicht erkennbar war. Dies gilt nach Ansicht der Verwaltung früher auch für Arbeitsgemeinschaften nach §§ 194, 219 SGB V und nach § 94 Abs. 1a SGB X, da diese Arbeitsgemeinschaften nur mittelbar den steuerbegünstigten Zwecken der an den Zusammenschlüssen beteiligten Unternehmer dienen und eine Steuerbefreiung – unionsrechtswidrig – zu Wettbewerbsnachteilen führen könnte. Mit seinem Urteil v. 23.4.2009 hat der BFH allerdings eine Steuerbefreiung für Leistungen einer Arbeitsgemeinschaft nach § 219 SGB V (Arbeitsgemeinschaft von Betriebskrankenkassen und anderen Krankenkassen für die Datenverarbeitung und zur Klärung betriebswirtschaftlicher Fragen) und die unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht grundsätzlich bejaht, wenn es nicht zu einer – im Einzelfall jeweils zu prüfenden – Wettbewerbsverzerrung kommt. Ab 1.1.2020 können die Leistungen der Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V unter den Voraussetzungen von § 4 Nr. 29 UStG steuerfrei sein, weil mit dieser Regelung Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL umfassend in nationales Recht umgesetzt wurde.