Leitsatz
Die in § 8b Abs. 4 Satz 6 des Körperschaftsteuergesetzes angeführte Beteiligungsschwelle (10 % des Grund- oder Stammkapitals) kann durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht werden, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind.
Normenkette
§ 8b Abs. 4 Satz 6 KStG
Sachverhalt
Geschäftsgegenstand der Klägerin, einer KG, ist das Halten und Verwalten sämtlicher Anteile an dem kommunalen …‐unternehmen A‐GmbH. Persönlich haftende und nicht am Kapital beteiligte Gesellschafterin der Klägerin ist die F‐GmbH, Kommanditisten sind als kommunale Holdinggesellschaften errichtete Vorschaltgesellschaften (eine KG und vier GmbH).
Anteilseigner beziehungsweise Gesellschafter der sechs Gründungsgesellschafter der Klägerin sind verschiedene kommunale Körperschaften, die bereits an der Gründung und Erweiterung der A‐GmbH ab dem Jahr 1929 beteiligt waren und die weiteren Anteile durch Vermittlung der Vorschaltgesellschaften und der Klägerin von der vormaligen Mehrheitsgesellschafterin G‐AG zurückerwerben wollten. Nach ihrer Gründung durch die Vorschaltgesellschaften erwarb die Klägerin als neue Holdinggesellschaft bis zum 19.12.2013 sämtliche Anteile an der A‐GmbH; sie schloss mit dieser am 21.1.2014 einen ab dem 1.1.2014 (00:00 Uhr) geltenden Ergebnisabführungsvertrag, nach dem der Klägerin beziehungsweise den (mittelbaren) Mitunternehmern das Einkommen der A‐GmbH für das Streitjahr für Zwecke der KSt (anteilig) zuzurechnen ist. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Klägerin bereits während des gesamten Streitjahres selbst eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG ausübte, die sechs Gründungsgesellschafter beziehungsweise die mittelbar Beteiligten als Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 und 2 EStG anzusehen waren und auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 14ff. KStG erfüllt sind. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin und der A‐GmbH entspricht dem Kalenderjahr.
Im Streitjahr fand ein Interessenbekundungsverfahren statt, in dem sich weitere kommunale Körperschaften für eine mittelbare Beteiligung an der Klägerin entschieden. Diese schlossen sich anschließend durch Beteiligung an drei weiteren Vorschalt-GmbH (C‐GmbH, D‐GmbH und E‐GmbH [deren Rechtsnachfolgerin im finanzgerichtlichen Verfahren beigeladen worden war]) zusammen. Durch Vertrag vom 10.12.2014 veräußerten vier der ursprünglichen Vorschaltgesellschaften einzelne, durch Kapital- beziehungsweise Einlagewerte definierte Teile ihrer Kommanditbeteiligungen an der Klägerin an die neuen Vorschalt-GmbH, was auf der Ebene der Klägerin zu entsprechenden (kapitalanteiligen) Gesellschafterwechseln führte. Bei den Veräußerungsgegenständen handelte es sich um Kommanditkapitalbeträge, die von den Gründungsgesellschaftern der Klägerin bisher nicht eingezahlt worden waren, weil sie als sog. Platzhalteranteile von vornherein dazu bestimmt waren, auf neue Investoren beziehungsweise weitere Vorschaltgesellschaften übertragen zu werden. Infolgedessen erwarben die C‐GmbH 7,39 %, die D‐GmbH 14,97 % und die E‐GmbH 12,94 % des Kapitals der Klägerin, wobei der Erwerb der E‐GmbH von drei Alt-Vorschaltgesellschaften zu jeweils 5,21 %, 1,76 % und 5,97 % in einer notariellen Urkunde erfolgte. Das wirtschaftliche Eigentum und die Gesellschaftsrechte gingen noch im Streitjahr auf die neuen Kommanditisten über.
Im Streitjahr flossen der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der A‐GmbH neben dem nach §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft auch Mehrabführungen aus vororganschaftlicher Zeit zu. Es handelte sich dabei um einen Betrag von … EUR, wovon ein Anteil von … EUR auf die Mitunternehmerin E‐GmbH entfiel. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr wies die Klägerin auch den auf die E‐GmbH entfallenden Anteil der vororganschaftlichen Mehrabführungen als eine bei dieser Mitunternehmerin nach § 8b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 KStG steuerbefreite Ausschüttung aus.
Dem folgte das FA nicht und stellte den auf die E‐GmbH entfallenden Ausschüttungsbetrag im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2014 vom 10.8.2016 als Bestandteil der für die E‐GmbH ohne Abzüge körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest (… EUR). Die besonderen Voraussetzungen des § 8b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 bis 6 KStG hätten bei der E‐GmbH nicht vorgelegen, weil sie ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung von 12,94 % des Kapitals unterjährig von drei verschiedenen Veräußerern erworben habe, wobei die jeweils erworbenen Teil-Kommanditanteile die Beteiligungsschwelle von 10 % für sich genommen jeweils nicht erreicht hätten.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin dagegen Klage vor dem FG. Dieses gab der Klage statt (Hessisches FG, Urteil vom 15.3.2021, 6 K 1163/17, Haufe-Index 14494959, EFG 2021, 1225).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision...