Kommentar
Der EuGH hat die bisherige Gesetzeslage, die beschränkt Steuerpflichtigen den Sonderausgabenabzug von Pflichtbeiträgen an berufsständische Versorgungseinrichtungen verwehrt, als unvereinbar mit EU–Recht erklärt. Hierauf hat die Finanzverwaltung nun im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung reagiert.
Sonderausgabenabzug beschränkt Steuerpflichtiger
Bisherige Rechtslage: Nach § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG ist § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG bei der Besteuerung von Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger nicht anwendbar. Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen konnten daher von beschränkt Steuerpflichtigen bislang nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.
Der EuGH sieht hierin jedoch einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und hat daher mit Urteil v. 6.12.2018 (C-480/17, "Montag") entschieden, dass eine beschränkt steuerpflichtige Person, die von einem Mitgliedstaat zur Einkommensteuer veranlagt wird, auch berechtigt sein muss, Pflichtbeiträge an eine berufsständische Altersversorgungseinrichtung steuermindernd abzuziehen.
Gesetzliche Neuregelung ist vorgesehen
Da die momentane Gesetzeslage aufgrund der Entscheidung des EuGH nicht mehr mit EU – Recht korrespondiert, ist eine entsprechende gesetzliche Neuregelung von § 50 Abs. 1 EStG beabsichtigt. Im Vorgriff auf diese Neuregelung hat das BMF nun angeordnet, dass der Sonderausgabenabzug für Pflichtbeiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i. V. m. Abs. 2 und 3 EStG auch bereits jetzt beschränkt Steuerpflichtigen zu gewähren ist, die
- Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der EU,
- eines anderen Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder
- der Schweizerischen Eidgenossenschaft sind und
- im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Besonderheit bei Schweizer Staatsbürgern
Für Staatsangehörige der Schweizerischen Eidgenossenschaft gilt dies nur, sofern sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt entweder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates der EU oder in der Schweiz haben.
Anforderungen an den Sonderausgabenabzug
Voraussetzung für die Berücksichtigung der Pflichtbeiträge im Rahmen des Sonderausgabenzugs ist, dass die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung auf einer für die inländische Berufsausübung erforderlichen Zulassung beruht. Für die Ermittlung der insoweit abzugsfähigen Sonderausgaben sind die Pflichtbeiträge entsprechend dem Anteil der inländischen Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 EStG, die aus der - durch die Zulassung ermöglichten - Berufsausübung - erzielt werden, an dem Gesamtbetrag der in- und ausländischen Einkünfte aus der durch die Zulassung ermöglichten Tätigkeit zu berücksichtigen.
Doppelberücksichtigung ist weiterhin ausgeschlossen
Der Sonderausgabenabzug ist zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung ausgeschlossen, soweit die Pflichtbeiträge im Rahmen der Einkommensbesteuerung im Wohnsitzstaat tatsächlich abgezogen worden sind.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 26.6.2019, IV C 5 – S 2301/19/10004:001