In der Praxis gibt es häufig Gesellschafter-Geschäftsführer oder auch mitarbeitende Gesellschafter, die nicht gleichzeitig Geschäftsführer sind, die daran interessiert sind, nicht als sozialversicherungspflichtig eingestuft zu werden. Meist ist die Ersparnis der Sozialversicherungsbeiträge der zentrale Beweggrund. Aber auch der umgekehrte Fall ist in der Praxis anzutreffen. Gerade ältere Gesellschafter-Geschäftsführer, die bereits über Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügen, sind an einer Fortsetzung ihrer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und vor allem daran interessiert, dass die GmbH für sie Arbeitgeberbeiträge entrichtet. Bestehen familiäre Verpflichtungen, z. B. Kinder oder ein nicht mitarbeitender Ehepartner, ist vor allem die Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung attraktiv, wo ohne gesonderten Beitrag Familienangehörige mitversichert sind.
Grundsätzlich richtet sich die Frage, ob eine Sozialversicherungspflicht besteht, nach den rechtlich relevanten Kriterien, und zwar entscheidend danach, ob nach einer Gesamtwürdigung eine persönliche Abhängigkeit des mitarbeitenden Gesellschafters von der GmbH bejaht werden kann. Allein durch eine bloße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge entsteht die Sozialversicherungspflicht nicht. Zwar wird kein Gesellschafter-Geschäftsführer ausgegrenzt. Will er aber im Ernstfall Leistungen, z. B. Arbeitslosengeld, in Anspruch nehmen, muss er damit rechnen, dass die Rechtsgrundlagen seiner Mitgliedschaft erneut geprüft werden und ein Rechtsanspruch auf Leistungen, z. B. auf Zahlung von Arbeitslosengeld, abgesprochen wird. Das ist besonders ärgerlich, weil für den Gesellschafter-Geschäftsführer bis dahin häufig schon jahrelang Beiträge gezahlt wurden. Es gibt aber einen Rückzahlungsanspruch für diese Beiträge, wobei die GmbH die Arbeitgeber- und der Geschäftsführer die Arbeitnehmeranteile erstattet erhält. Der Anspruch besteht aber nur für 4 Jahre.
Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben mit Wirkung ab 1.4.2022 Leitlinien für die Statusfeststellung von Erwerbstätigen verlautbart, die das bisherige Rundschreiben aus 2019 ersetzen (s. z. B. veröffentlicht über www.deutsche-rentenversicherung.de). Die Anlage 3 i. d. F. vom 1.4.2022 zu dieser Verlautbarung hat den Titel "Versicherungsrechtliche Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern, Fremdgeschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH, sowie Geschäftsführern einer Familien-GmbH". Sie betrifft damit auch die hier interessierenden mitarbeitenden Gesellschafter.
Die Leitlinien werten die jahrzehntelange Rechtsprechung der Sozialgerichte, insbesondere des BSG aus und versuchen diese zusammenzufassen. Ist der konkrete Fall in den Leitlinien behandelt, ist davon auszugehen, dass ein Antrag den Status festzustellen entsprechend den Leitlinien beschieden wird.
Wie auch aus dem Rundschreiben ersichtlich kann es einen Unterschied machen, ob der Gesellschafter als Geschäftsführer oder auf der Grundlage eines anderen Rechtsverhältnisses, wie eines Dienstvertrags, der kein Geschäftsführer-Dienstvertrag ist, mitarbeitet. Sofern man in der Praxis einen Fall beurteilen muss, geben die Leitlinien, die auch eine Rechtsprechungssammlung enthalten, eine entsprechende Rechtssicherheit. Die Leitlinien sind allerdings keine Rechtsvorschriften mit Bindungswirkung für den Einzelfall.
Grundsätzlich sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind Fremd-Geschäftsführer und der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Sperrminorität, während der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer ab einer Beteiligung von 50 % oder mit einer Sperrminorität sozialversicherungsfrei ist. Sperrminorität bedeutet, dass Gesellschafterbeschlüsse nicht ohne Zustimmung des mitarbeitenden Gesellschafters gefasst werden können bzw. dieser ihm nicht genehme Beschlüsse, insbesondere Weisungen ihm gegenüber verhindern kann.
Sperrminorität einräumen
Legen die Gesellschafter einschließlich des Gesellschafter-Geschäftsführers Wert darauf, dass ein nur mit Minderheit beteiligter Geschäftsführer sozialversicherungsfrei beschäftigt wird, müssen Sie ihm, wenn Sie ihm nicht mindestens 50 % der Anteile einräumen wollen, in der Satzung eine Sperrminorität gewähren, wonach Beschlüsse seiner Zustimmung bedürfen. Dann aber hätte dieser Gesellschafter-Geschäftsführer ein Vetorecht und könnte ihm unliebsame Entscheidungen verhindern. Aber Vorsicht: Die Sperrminorität muss sich aus der Satzung, also dem Gesellschaftsvertrag ergeben, die Vereinbarung eines Vetorechts nur im Anstellungsvertrag genügt nicht. Die Sperrminorität muss zudem umfassend sein, sie darf sich nicht auf einzelne Beschlussgegenstände beziehen.
Der Fremdgeschäftsführer ist grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig, da er in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Nur dann, wenn er ausnahmsweise maßgeblichen Einfluss ...