Kommentar
183-Tage-Schreiben der Finanzverwaltung
Werden Arbeitnehmer im Ausland tätig oder arbeiten ausländische Arbeitnehmer vorübergehend in Deutschland, muss geprüft werden, ob der Arbeitslohn im Inland steuerpflichtig ist bzw. ob eine Steuerfreistellung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) infrage kommt. Einzelheiten dazu ergeben sich aus dem sogenannten 183-Tage-Schreiben der Verwaltung.
Das BMF hat den Erlass Ende 2023 erneut umfangreich überarbeitet und ergänzt. Mehrere kleinere Erlasse sind in das umfassende Schreiben integriert und aktuelle Rechtsprechung eingearbeitet worden. Grundlegende Änderungen sind dabei eher nicht erfolgt. Neu in der 2023er-Auflage sind aber z.B. erstmalige Ausführungen zum Homeoffice.
Neues BMF-Schreiben
Die Regelungen des neuen BMF-Schreibens v. 12.12.2023, IV B 2 - S 1300/21/10024 :005 sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Das "alte DBA-Schreiben" vom 3.5.2018 wird durch den neuen Erlass ersetzt. Leider hat die Verwaltung die Änderungen gegenüber dem Vorgänger Schreiben nicht kenntlich gemacht.
Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen
Für den Lohnsteuerabzug bleibt zur Aufteilung des Arbeitslohns nach den tatsächlichen Arbeitstagen das BMF-Schreiben v. 14.3.2017 ("Ermittlung des steuerfreien und steuerpflichtigen Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen sowie nach dem Auslandstätigkeitserlass") parallel bestehen und von erheblicher Bedeutung. Eine Aktualisierung dieses Schreibens steht noch aus.
Auslandstätigkeit von Arbeitnehmern
Wenn inländische Arbeitnehmer im Ausland tätig werden oder umgekehrt ausländische Arbeitnehmer vorübergehend in Deutschland tätig werden, ist regelmäßig zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Arbeitslohn im Inland steuerpflichtig ist, ob eine Freistellung von der Lohnsteuer nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder einer anderen Regelung erfolgt.
Besteuerung des Arbeitslohns
Hat ein Arbeitnehmer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, unterliegt er als unbeschränkt Steuerpflichtiger grundsätzlich mit seinem gesamten Welteinkommen der inländischen Besteuerung (§ 1 Abs. 1 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 EStG). Fehlt es sowohl an einem solchen Wohnsitz als auch an einem gewöhnlichen Aufenthalt, ist ein Arbeitnehmer, der inländische Einkünfte i. S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt, grundsätzlich nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt einkommen–steuerpflichtig. Die Erzielung inländischer Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist allein vom dort definierten inländischen Anknüpfungspunkt und nicht von einem Mindestaufenthalt im Inland abhängig.
Im Erlass wird die abkommensrechtliche Behandlung der Vergütungen aus unselbstständiger Arbeit anhand des aktuellen Musterabkommens der OECD (OECD-MA) dargestellt. Die von Deutschland abgeschlossenen und rechtlich wirksamen DBA orientieren sich nach Inhalt und Aufbau am OECD-MA. Im konkreten Einzelfall sind die jeweiligen Vorschriften des anzuwendenden DBA maßgeblich, nicht das OECD-MA.
Ort der Besteuerung im Ansässigkeits- oder Tätigkeitsstaat
Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA können die Vergütungen aus unselbstständiger Arbeit nur im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert werden, es sei denn, die Tätigkeit wird im anderen Staat ausgeübt. Wird die unselbstständige Arbeit im anderen Staat (Tätigkeitsstaat) ausgeübt, steht grundsätzlich diesem Staat das Besteuerungsrecht für die bezogenen Vergütungen (sog. Arbeitsortprinzip) zu.
Abweichend von Art. 15 Abs. 1 OECD-MA steht dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers das ausschließliche Besteuerungsrecht für eine nicht in diesem Staat ausgeübte unselbständige Arbeit zu, wenn
- der Arbeitnehmer sich insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines im jeweiligen Abkommen näher beschriebenen Zeitraums im Tätigkeitsstaat aufgehalten oder die Tätigkeit dort ausgeübt hat und
- der Arbeitgeber, der die Vergütungen zahlt, nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist und
- der Arbeitslohn nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat, getragen wurde.
Nur wenn alle drei Voraussetzungen zusammen vorliegen, steht dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die für eine im Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt werden, zu.
Berechnung der 183-Tage-Grenze im Tätigkeitsstaat
Die in den DBA genannte 183-Tage-Frist, bei deren Überschreitung zwingend eine Besteuerung im Tätigkeitsstaat erfolgt, bezieht sich häufig auf den Aufenthalt im Tätigkeitsstaat. Nach einigen DBA ist jedoch die Dauer der Ausübung der unselbständigen Arbeit im Tätigkeitsstaat maßgebend. Abhängig vom anzuwendenden DBA kann sich die 183-Tage-Frist entweder auf das Steuerjahr, auf das Kalenderjahr oder auch auf einen Zeitraum von zwölf Monaten beziehen. Nähere Einzelheiten und zahlreiche Beispiele finden sich in Rn 106 ff. des Erlasses.
Arbeitgeber und Betriebsstätte
Erfolgt die Zahlung durch einen oder für einen im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber, sind die Voraussetzungen für die Besteuerung im Ansässigkeits...