Eine der Folgen des Drucks auf Steueroasen ist der BEPS-Aktionsplan der OECD, der 15 Punkte beinhaltet, deren Umsetzung gegen die Verminderung der Steuer durch internationale Gestaltungen helfen sollen. Aktionspunkt 12 sieht hierbei vor, dass aggressive Transaktionen, Modelle oder Strukturen offenzulegen sind. Die EU hat dies durch die Richtlinie 2018/822 des Rates vom 25.5.2018 umgesetzt (ABl. L 139 vom 5.6.2018). Auf der Grundlage dieser Richtlinie zum verpflichtenden Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen waren die Mitgliedsstaaten der EU zur Umsetzung bis Ende 2019 verpflichtet. Deutschland ist seiner Verpflichtung durch das Gesetz zur Einführung einer Anzeigepflicht für internationale Steuergestaltungen vom 21.12.2019 nachgekommen. Entgegen ersten Plänen sind innerstaatliche Gestaltungen derzeit nicht anzeigepflichtig. Eingefügt wurden in der AO in den §§ 138d ff. AO neue Bestimmungen. Diese regeln detailliert, wer zur Anzeige verpflichtet ist. Dies ist im Wesentlichen der Intermediär. Solche Intermediäre sind nach der Definition in § 138d Abs. 1 AO Personen, die grenzüberschreitende Steuergestaltungen vermarkten, für Dritte konzipieren oder zur Nutzung bereitstellen oder ihre Umsetzung durch Dritte verwalten. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe ist nicht erforderlich um als Intermediär angesehen zu werden.
§ 138d Abs. 2 AO definiert, was als mitteilungspflichtige Steuergestaltung zu sehen ist. Die Regelung ist dabei sehr komplex und als recht unbestimmt anzusehen. Eine grenzüberschreitende Steuergestaltung ist nämlich jede Gestaltung, die eine oder mehrere Steuern zum Gegenstand hat, auf die das EU-Amtshilfegesetz anzuwenden ist (§ 138d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, im Wesentlichen die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer, aber auch die Erbschaftsteuer), die entweder mehr als einen Mitgliedsstaat der EU oder einen oder mehrere Drittstaaten betrifft, wenn
- mindestens eine der in § 138d Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a bis e AO genannten Bedingungen erfüllt ist (es handelt sich hierbei im Wesentlichen um die Anforderung, dass zwei Beteiligte in unterschiedlichen Ländern ansässig sein müssen),
- mindestens ein Kennzeichen nach § 138e AO für eine Steuergestaltung aufweist (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b AO) und
- ein verständiger Dritter unter Berücksichtigung aller wesentlichen Fakten und Umstände vernünftigerweise erwarten kann, dass der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist.
138d Abs. 2 Satz 2 AO stellt sodann klar, dass eine Steuergestaltung aus einer Reihe von Gestaltungen als grenzüberschreitend gilt, wenn mindestens ein Schritt oder Teilschritt der Reihe als grenzüberschreitend anzusehen ist. Alles dies erscheint allerdings recht wenig greifbar.
§ 138d Abs. 3 AO definiert den steuerlichen Vorteil. Ein solcher liegt immer dann vor, wenn durch die Steuergestaltung
Dies gilt auch, wenn der Steuervorteil außerhalb Deutschlands entstehen soll (§ 138d Abs. 3 Satz 2 AO), nicht aber, wenn der Vorteil gesetzlich in Deutschland vorgesehen ist (§ 138d Abs. 3 Satz 3 AO).
§ 138e AO definiert in mehreren Absätzen die Kennzeichen einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung. Auch diese Regelung erscheint nur sehr schwer anwendbar in der Praxis.
§ 138f AO regelt das Verfahren der Anzeige. Sie hat durch den Intermediär an das Bundesamt für Steuern nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf eines der in § 138f Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AO aufgeführten Ereignisse zu erfolgen. Was genau zu melden ist, stellt § 138f Abs. 3 AO dar. Allein die Anzahl der Nummern (§ 138f Abs. 3 Nr. 1 bis 10 AO) zeigt auf, welches Ausmaß an Datensammelwut durch das Gesetz erreicht wird. Wichtig für Intermediäre ist § 138d Abs. 6 AO. Unterliegt dieser einer gesetzlichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit und hat der Nutzer ihn von dieser nicht entbunden, geht die Pflicht zur Mitteilung auf den Nutzer über.
§ 138g AO regelt das Verfahren für den Fall, dass kein Intermediär zur Mitteilung verpflichtet ist. Die Mitteilung hat dann durch den Nutzer oder die Nutzer zu erfolgen. Anwendbar sind die neuen Pflichten im Wesentlichen ab 1.7.2020. Es bleibt zu hoffen, dass sich in der Politik nicht letztlich noch die Stimmen durchsetzen, die eine Anzeigepflicht auch für innerstaatliche Modelle fordern.