Leitsatz
1. Das Einstellen und Betreuen von Pferden durch einen gemeinnützigen Verein ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG 1991/1993 ermäßigt zu besteuern, wenn die Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 65 Abs. 1 AO erbracht werden und nicht umsatzsteuerfrei sind.
2. Der Steuerpflichtige kann sich vor dem FG unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL berufen.
Normenkette
§ 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG , § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. M der 6. EG-RL
Sachverhalt
Ein gemeinnütziger Reitverein (Satzungszweck: sportfachliche und berufsständische Aufgaben im Bereich des Pferdesports) betrieb eine Pensionspferdehaltung und unterwarf sämtliche Umsätze daraus dem ermäßigten Steuersatz.
Das FA wandte nur, soweit der Kläger auch den Beritt und die tägliche Pflege der Pferde übernommen hatte, den ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG) an.
Entscheidung
Der BFH verwies die Sache zurück; es fehlten Feststellungen dazu, ob die Aufgaben nach der Satzung des Klägers nur durch Unterhaltung eines Pensionsbetriebs erfüllen werden konnten. Auch ausreichende Feststellungen zur Wettbewerbssituation – sowohl für die Beurteilung nach § 65 AO, als auch für die Berufbarkeit auf Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL von Bedeutung – fehlten.
Hinweis
Noch kein Aufatmen für Reitvereine: Dass das Einstellen und Betreuen von Freizeit-Reitpferden keine Viehhaltung i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG ist, ist schon entschieden (BFH, Urteil vom 22.1.2004, V R 41/02, BFH-PR 2004, 274). Ob die streitigen Leistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (Leistungen der gemeinnützigen Körperschaften) steuerbegünstigt sind, kommt darauf an, ob ein Zweckbetrieb (§ 65 AO) vorliegt, also u.a., wenn (so die Rechtsprechung) der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist.
Außerdem ist § 65 Nr. 3 AO zu prüfen (keine vermeidbare Wettbewerbsbeeinträchtigung): Maßgeblich ist die Wettbewerbssituation – Angebot und Nachfrage – vor Ort. Es kommt insoweit auf den Einzugsbereich der Körperschaft an. Zudem sind der Kreis der Leistungsempfänger, die Ausgestaltung der jeweiligen vertraglichen Bedingungen und die Höhe der Entgelte von Bedeutung. Nur auf dieser Grundlage lässt sich beurteilen, ob ein anderer – nicht steuerbegünstigter – Betreiber die gegebene Nachfrage überhaupt in ähnlicher Weise befriedigen könnte.
Für die Vereinsbesteuerung zu beachten ist: Für in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben sieht die 6. EG-RL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m) eine Steuerbefreiung vor. Keine Befreiung erhalten jedoch (vgl. § 65 Abs. 2 Nr. 3 AO) solche Leistungen, die zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind oder wenn diese im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.
Auf eine günstigere gemeinschaftsrechtliche Bestimmung kann sich der Steuerpflichtige unmittelbar berufen, wenn diese hinreichend genau und nicht an Bedingungen geknüpft ist; dass die Mitgliedstaaten bestimmte Bedingungen aufstellen dürfen, hindert die Berufbarkeit der Befreiungsregelung – entgegen BMF – nicht. Denken Sie aber an den Vorsteuerabzug, der dann entfällt!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.2.2004, V R 39/02