Leitsatz

* Der Vorsteuerrückforderungsanspruch, der infolge der Uneinbringlichkeit der Leistungsentgelte entsteht, richtet sich gegen den Organträger, wenn die Organschaft im Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit noch bestand.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG , § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war Organträgerin der GmbH. Am 14.11.2001 stellte der Geschäftsführer der GmbH den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens; am 21.11.2001 wurde die Sequestration angeordnet.

Das FA berichtigte die Vorsteuer gegenüber der Klägerin, weil mit der Anordnung der Sequestration Verbindlichkeiten der GmbH, für die die Klägerin (Organträger) den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte, uneinbringlich würden. Die Klägerin meinte, der Berichtigungsanspruch sei immer gegen die Organgesellschaft zu richten, wenn er nach Beendigung entstanden sei.

 

Entscheidung

Die Revision hatte keinen Erfolg. Ausgehend von der ständigen Rechtsprechung, dass spätestens im Augenblick der Konkurseröffnung ohne Rücksicht auf eine – mögliche – Konkursquote das Entgelt in voller Höhe uneinbringlich wird, stellte der BFH darauf ab, dass bis zur Anordnung der Sequestration und damit auch im Zeitpunkt des Entstehens des Berichtigungsanspruchs die Organschaft noch bestand und sich deshalb auch der Berichtigungsanspruch gegen den Organträger richte.

 

Hinweis

Steuerschuldner aller Umsätze, die der Organträger oder eine ihm eingegliederte Organgesellschaft tätigt, ist der Organträger; dementsprechend steht ihm auch der Vorsteueranspruch für Leistungsbezüge der Organgesellschaft zu. Wird die Organschaft beendet, stellt sich die Frage, wem gegenüber das FA den Anspruch auf Berichtigung (z.B. nach § 17 oder § 15a UStG) von Vorsteuerbeträgen geltend machen darf, die Leistungsbezüge der Organgesellschaft vor Beendigung der Organschaftbetreffen:

– gegenüber dem Organträger, der die Vorsteuerbeträge als im Zeitpunkt des Entstehens des Vorsteueranspruchs berechtigter Steuerschuldner geltend gemacht hat, oder

– gegenüber der nun im Zeitpunkt des Entstehens des Berichtigungsanspruchs – nach Beendigung der Organschaft – umsatzsteuerrechtlich selbstständigen früheren Organgesellschaft.

Für den Fall derUneinbringlichkeit des Entgelts (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG) durch Konkurs der Organgesellschaft sind zwei neue Entscheidungen von Bedeutung. Zwei Sachverhaltsgestaltungen sind zu unterscheiden:

– das Entgelt wird vor Beendigung der Organschaft uneinbringlich,

– das Entgelt wird erst nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich.

Über den zweiten Fall hat der BFH noch nicht entschieden, aber in einem Verfahren (Beschluss vom 6.7.2002, V B 110/01, siehe Seite 379 in diesem Heft) die Rechtslage als zweifelhaft beurteilt und dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines gegen den Organträger gerichteten Rückforderungsanspruchs stattgegeben. Das gilt selbstverständlich auch, wenn das FA die Organgesellschaft in Anspruch nimmt.

Entstehen die Voraussetzungen für die Berichtigung der Vorsteuer noch während des Bestehens der Organschaft, ist auch der Rückforderungsanspruch gegen den Organträger geltend zu machen, denn bis zum Ende der Organschaft gibt es umsatzsteuerrechtlich (§ 2 Abs. 2 UStG) nur ein Unternehmen, den Organträger. Gegen die Organgesellschaft kommt lediglich ein Haftungsanspruch nach § 73 AO in Betracht.

Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für den Vorsteuerberichtigungsanspruch entstehen. Auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld (i.S.d. § 13 UStG) kommt es nicht an. Achten Sie in Fällen, in denen eine Organschaft endet, auf die Vorsteuerberichtigung. Sind dieVoraussetzungen für die Berichtigung nach Ende der Organschafteingetreten, müssen Sie entsprechende Steuerbescheide – gegen den Organträger oder die Organgesellschaft – offen halten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.6.2002, V R 22/01

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