Leitsatz
1. Die Frage, ob Aufwendungen für ein Studium in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen stehen, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung.
2. Dabei hat der Tatrichter die Bekundungen der Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung einerseits der Beweisschwierigkeiten und andererseits der wirtschaftlichen Gegebenheiten zu würdigen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Die 1949 geborene Klägerin war bis 1994 als medizinisch-technische Assistentin tätig. Seit 1995 war sie arbeitslos. Nach ihrem Vortrag war sie zur Überbrückung der Arbeitslosigkeit als Gasthörerin an einer Universität in Kunstgeschichte eingeschrieben. Nachdem sie Anfang 1999 – da ohne Abitur – erforderliche Einstufungsprüfungen im Magisterstudienfach Kunstgeschichte (Hauptfach) und orientalische Kunstgeschichte (Nebenfach) bestanden hatte, nahm sie – unter Anrechnung von zwei Semestern (Hauptfach) bzw. einem Semester (Nebenfach) – das Studium in diesen Fächern ab Sommersemester 1999 als ordentliche Studierende auf.
Das FA berücksichtigte die für das Studium geltend gemachten Fahrtkosten bis zum Höchstbetrag von 1.800 DM als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Weitere Studienaufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen, lehnte das FA ab. Im Oktober 2003 teilte die Klägerin mit, dass sie das Studium mittlerweile abgeschlossen, aber noch keine Berufstätigkeit aufgenommen habe, weil sie derzeit promoviere. Dies nehme noch ca. zwei Jahre in Anspruch.
Das FG wies die Klage ab. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung (§ 96 Abs. 1 FGO) und unter Berücksichtigung aller Umstände habe es nicht die Überzeugung gewinnen können, dass bereits im Streitjahr 1999 ein hinreichend konkreter Zusammenhang der Studienaufwendungen mit künftigen steuerbaren Einnahmen bestanden habe.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Die Beweiswürdigung durch das FG sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG habe die ihm vorliegenden Tatsachen umfassend gewürdigt und befunden, dass ein Zusammenhang zwischen den Bildungsaufwendungen und künftigen steuerpflichtigen Einnahmen objektiv nicht hinreichend erkennbar sei.
Das FG habe in vertretbarer Weise in seine Würdigung einbezogen, dass – auch unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin und der Studienfächer – private Interessen und Neigungen nicht auszuschließen seien. Die Gesamtwürdigung des FG binde den BFH; sie sei möglich und vertretbar, sie müsse nicht zwingend sein.
Hinweis
1. Das FG hatte die neuere Rechtsprechung des BFH zur Anerkennung beruflich veranlasster Bildungsaufwendungen berücksichtigt und zu Recht geprüft, ob zwischen den Aufwendungen für ein Studium und künftigen steuerbaren Einnahmen ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang besteht.
2. Der BFH hat sich zur Veröffentlichung der Besprechungsentscheidung entschlossen, um klarzulegen, dass die Rechtsgrundsätze zur Anerkennung von Berufsbildungskosten durch zahlreiche BFH-Urteile weitgehend geklärt sind. Die Prüfung des erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhangs (im Einzelfall) ist im Wesentlichen nicht Sache des BFH, sondern obliegt in erster Linie den Finanzgerichten. Die von diesen vorzunehmende Würdigung ist der Nachprüfung in einem Revisionsverfahren weitgehend entzogen.
3. Das Urteil macht ferner zweierlei deutlich. Solange die Bildungsmaßnahme nicht abgeschlossen und eine Indizwirkung durch das spätere Verhalten des Steuerpflichtigen zumindest ingeschränkt ist, ist der Steuerpflichtige, den die objektive Feststellungslast trifft, in besonderer Weise aufgerufen, den Zusammenhang zwischen den Bildungskosten und den späteren Einnahmen darzulegen und zu konkretisieren.
Im Hinblick auf diese Beweisschwierigkeiten wendet sich der BFH gegen überzogene Anforderungen an den Nachweis des hinreichenden Zusammenhangs mit der zukünftigen Berufstätigkeit. Der Rechtsanwender ist gehalten, diese Beweisschwierigkeiten in angemessener Weise zu berücksichtigen. Ausdrücklich weist der BFH auf die Möglichkeit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 AO hin.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.1.2005, VI R 71/03