Besonders wichtig für die zukünftige Betrachtung von konzerninternen Darlehen[1] ist die Tatsache, dass gemäß OECD die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nicht nur die Höhe des Zinssatzes betrifft, sondern auch die Frage, ob ein Darlehen dem Grunde nach als solches anzuerkennen oder (teilweise) als Eigenkapital umzuqualifizieren sei. Für eine solche Qualifizierung der Darlehenstransaktion ist eine ganzheitliche Analyse unter Berücksichtigung der nachfolgenden Aspekte nötig:

  • Funktionen und Risiken von Darlehensgeber und Darlehensnehmer
  • Finanzierungs- bzw. Investitionsalternativen
  • Konditionen des Finanzierungsinstrumentes
  • Wirtschaftliche Umstände, Geschäfts- und Finanzierungsstrategie des Darlehensnehmers
  • Verwendung des Darlehens
  • Branchenübliche Finanzierungen
  • Fähigkeit des Darlehensnehmers, das Darlehen auch von fremden Dritten zu erhalten (Debt-Capacity-Analyse)

Auch die deutsche Finanzverwaltung hat in den VGV 2021 die Erwartung dargestellt, dass ein Darlehen dem Grunde nach wirtschaftlich benötigt werden muss[2]: "Damit ein Darlehensverhältnis und damit auch die diesbezüglichen Zinszahlungen als fremdüblich anerkannt werden können, muss die Finanzierung auch wirtschaftlich benötigt worden sein. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird kein Fremdkapital am Markt aufnehmen, wenn damit nicht wenigstens eine begründete Aussicht auf eine Rendite besteht, die die Finanzierungskosten deckt. Die Verwendung des Fremdkapitals soll im Einklang mit dem Unternehmenszweck stehen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird bemüht sein, das Kapital für den Zweck des Unternehmens einzusetzen und beispielsweise nicht als Anlage auf dem Tagesgeldkonto oder als Einlage in einen unternehmensgruppeninternen Cash Pool."

Wenn dem Grunde nach ein Darlehen vorliegt, so muss im nächsten Schritt auch die Fremdüblichkeit der Darlehensgestaltung (Laufzeit, Währung, Tilgungskonditionen, Besicherung etc.) geprüft werden und es müssen gegebenenfalls nicht fremdübliche Konditionen korrigiert werden, bevor ein angemessener Zinssatz ermittelt werden kann.

Nach welchen VP-Methoden kann die Höhe eines Zinssatzes ermittelt werden?

Wie bei jeder anderen Transaktion auch, ist zunächst eine Funktions- und Risikoanalyse durchzuführen, um zu verstehen, wie sich die tatsächliche Transaktion darstellt. D. h., es geht um die Fragen, welche Partei die Kompetenz besitzt, die relevanten Entscheidungen zu treffen und die resultierenden Risiken zu managen sowie welche Partei die Finanzierungsrisiken wirtschaftlich tragen kann. Grundsätzlich können Finanzierungsfunktionen je nach Bedeutung innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette eines Konzerns als funktions- und risikoschwache Dienstleister oder als funktions- und risikostarke Einheiten ausgeprägt sein.[507] Im Kern geht es um die Frage, ob eine Finanzierungsfunktion/-gesellschaft bloß eine Routinevergütung (z. B. C+-Gewinnzuschlag) erhält, oder ob sie an den Margen-/Zins-Spreads partizipieren darf (z. B. Margensplit).

Insofern ist die Bestimmung des Zinssatzes an viele Kriterien gebunden. Ein entscheidender Faktor ist dabei die Bonität des Darlehensnehmers. Bei der Frage, ob eine Konzerngesellschaft auf Basis ihres Einzelratings zu beurteilen ist oder eine Anpassung in Richtung des häufig besseren Ratings der Gruppe bzw. Konzernmutter angezeigt ist, sind wiederum eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen. Grundsätzlich betont die OECD, dass bei der Zinssatzermittlung die Preisvergleichsmethode aufgrund der verfügbaren Marktdaten angewendet werden kann. Es wird jedoch auch der "Cost of Funds"-Ansatz (d. h. die Ermittlung eines Zinssatzes auf Basis der Finanzierungskosten des Darlehensgebers, die auch Eigenkapitalkosten umfassen können) als weitere Möglichkeit vorgestellt.

Die deutsche Finanzverwaltung ging bislang (VG 1983) davon aus, dass bei Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen von Zinssätzen auszugehen ist, die Banken unter vergleichbaren Verhältnissen vereinbaren würden (Sollzins)[508]. Hierbei ist wichtig, dass der Zinssatz im Zeitpunkt der Darlehensgewährung steuerlich angemessen sein muss[509].

Bei der Prüfung, ob die Verhältnisse vergleichbar sind, sind u. a. folgende zinssatzbestimmende Faktoren zu berücksichtigen (Preisvergleichsmethode)[510]:

  1. Kredithöhe und Laufzeit;
  2. Art und Zweck des Kredites;
  3. Sicherheiten und Kreditwürdigkeit des Schuldners (unter Berücksichtigung von Sonderkonditionen, die auch Fremde dem Schuldner im Hinblick auf dessen Zugehörigkeit zum Konzern einräumen würden);
  4. die Kreditwährung, die Wechselkursrisiken und Wechselkurschancen [bei Fremdwährungsdarlehen ist der Zinssatz im Währungsgebiet maßgeblich] und etwaige Kurssicherungskosten;
  5. bei durchgeleiteten Krediten die Refinanzierungskosten […];
  6. sonstige Umstände der Kreditgewährung, insbesondere die Verhältnisse auf den Kapitalmärkten […].

Wie auch bei anderen VP-Sachverhalten existiert nicht der eine "richtige" VP/Zinssatz, sondern es ist eine Bandbreite fremdüblicher Zinssätze anzuerkennen...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?