Leitsatz
1. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Entscheidung des FG willkürlich ist. Das ist der Fall, wenn diese unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint, weil bei der vom FG vorgenommenen Änderung des angefochtenen Abrechnungsbescheids die Steuerbescheide und die in ihnen ausgewiesenen anrechenbaren Steuern nicht vollständig und sachlogisch richtig berücksichtigt worden sind.
2. Nicht alles, was in dem Abrechnungsteil eines Einkommensteuerbescheids enthalten ist, stellt eine bestandskraftfähige Regelung dar. Dies gilt vielmehr nur für die im EStG vorgeschriebene Entscheidung über die Anrechnung bestimmter Steuerzahlungen auf die Einkommensteuer, nicht aber für sonstige Zahlungen oder Verbuchungen und einen angeblichen Erstattungsanspruch aufgrund solcher Buchungen.
3. Wird die Revision bei teilbarem Streitgegenstand nur teilweise zugelassen, hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nach dem Wert des erfolglosen Teilgegenstands zu tragen; die außergerichtlichen Kosten für dieses Verfahren sind ihm in der Beschwerdeentscheidung in Höhe der nach dem Wert des gesamten Streitgegenstands errechneten Quote aufzuerlegen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 17.12.2003, V ZR 343/02, NJW 2004, 1048).
Normenkette
§ 218 Abs. 2 AO , § 36 Abs. 2 Satz 2 EStG , § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO , § 135 FGO
Sachverhalt
Eheleute waren zusammen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer veranlagt worden. In dem Einkommensteuerbescheid wies das FA unter "A. Festsetzung" die vom Lohn einbehaltene Steuer sowie Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer aus und setzte sie von der festgesetzten Steuer ab. Es ergab sich dadurch ein Erstattungsbetrag. Dieses Guthaben wurde abgetreten und dem Zessionar erstattet. Später wurde der Einkommensteuerbescheid geändert. Es ergab sich jetzt nur noch ein geringerer Erstattungsbetrag.
In einem Teil "B. Abrechnung" des Änderungsbescheids wurden die ursprünglich errechneten Erstattungsbeträge – unrichtig – als "bereits getilgt" ausgewiesen. In dem angefochtenen Abrechnungsbescheid ging ?as FA ebenfalls davon aus, dass sich die Kläger die dem Zessionar geleistete Erstattung entgegenhalten lassen müssten.
Das FG hingegen hielt den Bescheid für rechtswidrig, weil § 37 Abs. 2 Satz 3 AO heutiger Fassung, der eine Inanspruchnahme auch des Zedenten ermögliche, noch nicht anwendbar sei und die unrichtige Abrechnung in dem Steueränderungsbescheid keine Bindungswirkung habe. Der den Klägern zustehende Erstattungsbetrag sei daher an diese zu erstatten. Das FG übersah dabei, dass die Kläger auch nach Bescheidänderung einen (geringen) Erstattungsanspruch behalten hatten, den sie abgetreten hatten und der bereits getilgt war. Es hielt deshalb das FA für verpflichtet, auch diesen Betrag den Klägern (und nicht dem Zessionar) zu erstatten.
Entscheidung
Die Revision war wegen objektiver Willkür der FG-Entscheidung für einen Teil des Streitgegenstands zuzulassen. Denn bei vollständiger und sachlogisch richtiger Berücksichtigung der gegen die Kläger ergangenen Steuerbescheide und der in ihnen ausgewiesenen anrechenbaren Steuern war für den BFH eindeutig und zweifelsfrei, dass den Klägern entgegen der Annahme des FG eine Erstattung in bestimmter Höhe zustand, die folglich wirksam abgetreten werden konnte.
Hingegen ist nicht klärungsbedürftig, dass Umbuchungen und dergleichen, die im Abrechnungsteil eines Steuerfestsetzungsbescheids ausgewiesen sind, jederzeit berichtigt werden können.
Hinweis
1.Abrechnungsbescheide nach § 218 Abs. 2 AO entscheiden über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, nicht notwendig im Sinn einer Gesamtabrechnung, die alle Rechtsbeziehungen zwischen Steuerpflichtigem und Finanzamt erfasst, sondern – je nachdem, worüber Streit besteht – ggf. über einzelne Forderungen oder Ansprüche, Zahlungs- oder sonstige Tilgungsvorgänge und dergleichen mehr. Sie sind daher soweit teilbar, wie sich solche Gegenstände der Natur der Sache nach gesondert beurteilen lassen.
2. Die Revision gegen ein Urteil kann teilweise zugelassen werden, wenn dessen (Streit-) Gegenstand teilbar ist, das Urteil z.B. mehrere Veranlagungszeiträume betrifft oder etwa selbstständige Verbrauchsteuergegenstände (BFH, Beschluss vom 27.6.1985, I B 23/85, BStBl II 1985, 605).
3. Die Revision ist nach der FGO n.F. zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Das ist u.a. dann der Fall, wenn die Entscheidung des FG willkürlich ist und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint. Der in diesem Zusammenhang maßgebliche Willkürbegriff ist objektiv; es kommt also nicht darauf an, was sich das FG bei seiner Entscheidung gedacht oder was es zu denken unterlassen hat.
Ein Fehler muss nur klar und eindeutig oder "zweifellos"vorliegen. Er muss nicht "offensichtlich" in dem Sinn sein, dass er jedermann sofort ins Auge springt; auch erst bei näherem Hinsehen, genauem Überlegen oder so...