rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskosten und Auslagen bei einem Gesamtstreitwert des finanzgerichtlichen Verfahrens von maximal 1 200 EUR. Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei Unterliegen des Klägers
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist für ein finanzgerichtliches Verfahren nur teilweise, aber ohne Ratenzahlungen Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt worden und hat der Kläger die Kosten für den Teil des Verfahren zu tragen, für den PKH nicht bewilligt worden ist, so sind insoweit Gerichtskosten zu erheben.
2. Zur Berechnung des vom Kläger zu bezahlenden Gerichtskostenbetrags sind zunächst die auf den Gesamtstreitwert entfallenden Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) zu ermitteln und davon anschließend die Gerichtskosten abziehen, die für den Wert des Teils des Klagegegenstandes, für den Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, nach den Grundsätzen des GKG entstanden wären. Dabei ist ggf. auch jeweils der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Mindeststreitwert von 1 000 EUR (§ 52 Abs. 4 GKG) zu beachten; folglich führt bei einem Gesamtstreitwert bis zu 1 200 EUR die Anwendung des Mindeststreitwerts von 1 000 EUR für den Teil des Klagebegehrens, für den PKH bewilligt worden ist, dazu, dass im Ergebnis keine Gerichtsgebühren zu erheben sind. Im letzteren Fall dürfen auch Auslagen nicht gegenüber dem Kläger geltend gemacht werden, sofern sie zumindest teilweise auch dem Teil des Klagebehrens rechtlich zuzuordnen sind, für den PKH bewilligt worden ist.
Normenkette
GKG § 3 Abs. 1-2, § 52 Abs. 1-2, 4; ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; FGO § 142
Tenor
1. Auf Erinnerung wird die angegriffene Kostenrechnung vom 22. Mai 2007 (Rechnungsdatum: 7. Juni 2007) aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens hat der Erinnerungsführer selbst zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Erinnerung wendet sich gegen die Festsetzung von Gerichtskosten in der Kostenrechnung vom 22. Mai 2007 (Rechnungsdatum: 7. Juni 2007).
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 7. Februar 2005 reichte die Erinnerungsführerin Klage gegen die Ablehnung des Antrages auf Kindergeld für ihren Sohn X für den Zeitraum April 2004 bis Juli 2004 ein und stellte gleichzeitig Antrag auf Prozesskostenhilfe.
Mit vorläufiger Kostenrechnung nach § 6 Abs. 1 GKG der Kostenbeamtin des Thüringer Finanzgerichts vom 10. Februar 2005 wurde gegenüber der Erinnerungsführerin als Kostenschuldnerin aus dem Mindeststreitwert gemäß § 52 Abs. 4 GKG von 1.000 EUR eine vierfache Verfahrensgebühr in Höhe von insgesamt 220 EUR gemäß § 63 Abs. 1 Satz 4 GKG vorläufig festgesetzt.
Mit Beschluss des 3. Senats des Thüringer Finanzgerichts vom 22. Mai 2006 wurde der Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin A als Prozessbevollmächtigte ohne Festsetzung einer Ratenzahlung nur insoweit bewilligt, als die Durchsetzung eines Kindergeldanspruchs für den Monat Juli 2004 in Höhe von 154 EUR betroffen war. Im Übrigen, wegen des Kindergeldanspruchs für die Monate April bis Juni 2004 in Höhe von 462 EUR, wurde der Antrag abgelehnt.
Damit die Erinnerungsführerin am Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2006 teilnehmen konnte, wurde ihr ein Fahrschein für die Hin- und Rückfahrt mit der Bahn im Wert von 23,40 EUR zugesandt. In der mündlichen Verhandlung wurde dann der Sohn der Erinnerungsführerin als Zeuge vernommen. Es entstanden dafür Kosten für die Entschädigung von Zeugen in Höhe von 58,60 EUR.
Im Laufe der mündlichen Verhandlung erklärte sich die beklagte Behörde bereit, für Juli 2004 Kindergeld zu gewähren. Daraufhin nahm die Klägerin und Erinnerungsführerin ihre Klage zurück. Das Verfahren wurde nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO eingestellt.
Mit Vergütungsantrag vom 14. November 2006 beantragte die beigeordnete Rechtsanwältin gemäß § 55 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG –) aus einem Gegenstandswert in Höhe von 154 EUR folgende Festsetzung:
VV-Nr. 3200 |
1,6 Verfahrensgebühr |
40,00 EUR |
VV-Nr. 3202 |
1,2 Terminsgebühr |
30.00 EUR |
VV-Nr. 7002 |
Post-Telekomm.-Pauschale |
19.00 EUR |
VV-Nr. 7003 |
Fahrtkosten 170 km |
51,00 EUR |
VV-Nr. 7005 |
Abwesenheitsgeld |
35,00 EUR |
|
Summe |
200,00 EUR |
VV-Nr. 7008 |
Umsatzsteuer |
32,00 EUR |
|
Gesamtsumme |
232,00 EUR |
|
abzgl. Vorschüsse |
128,02 EUR |
zu zahlender Betrag |
|
103,98 EUR |
(VV = Vergütungsverzeichnis in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG)
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 30. November 2006 setzte der Urkundsbeamte des Thüringer Finanzgerichts die aus der Landeskasse vorläufig zu zahlende Vergütung der Bevollmächtigten gemäß § 47 RVG antragsgemäß auf 103,98 EUR fest.
Gemäß § 9 Abs. 1 GKG erging am 22. Mai 2007 eine abschießende Kostenrechnung, in der aus dem Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 3 GKG in Höhe von 1.000 EUR folgende Gerichtskosten festgesetzt wurden:
KV-Nr. 6111 |
2,0 Verfahrensgebühr |
|
110,00 EUR |
KV-Nr. 9005 |
Zeugenentschädigung |
|
58,60 EUR |
KV-Nr. 9008 |
Auslag. f. Zahlungen a... |