Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von aufgrund von Einsätzen bei der europäischen Grenzschutzagentur bezogenen EU-Geldern (Tagegelder, Fahrt- sowie Unterkunftskosten)
Leitsatz (redaktionell)
1. Steuerfreie Auslandsdienstbezüge und EU-Tagegelder werden aufgrund der besoldungsrechtlich vorgeschriebenen Anrechnung grundsätzlich nicht in voller Höhe nebeneinander gezahlt (§ 9a Abs. 2 BBesG). Bei der Besteuerung nach dem Einkommen ist nur der Teil der EU-Tagegelder zu berücksichtigen, der die steuerfreien Auslandsdienstbezüge, die dem Steuerpflichtigen gezahlt würden, wenn er kein EU-Tagegeld erhalten hätte, übersteigt.
2. Aufgrund von Einsätzen bei der europäischen Grenzschutzagentur bezogene EU-Gelder (Tagegelder, Fahrt- sowie Unterkunftskosten) unterliegen der inländischen Besteuerung. Eine Steuerbefreiung ergibt sich weder aus § 3 Nr. 64 EStG noch aus Art. 17 VO (EG) Nr. 2007/2004 bzw. Art. 18 VO (EG) Nr. 2007/2004 oder aus dem einschlägigen DBA.
Normenkette
EStG § 3 Nrn. 13, 64; BBesG § 9a Abs. 2; BRKG § 3 Abs. 2; VO (EG) Nr. 2007/2004 Art. 17 Abs. 1, 3, Art. 18
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob vom Kläger aufgrund seiner Einsätze bei der europäischen Grenzschutzagentur A in B bezogene EU-Gelder (Tagegelder, Fahrt- sowie Unterkunftskosten) in vollem Umfang nach § 3 Nr. 64 EStG steuerfrei bzw. nur in B steuerbar sind.
Der Kläger war in den Besteuerungszeiträumen 2015 bis 2017 als Polizeibeamter in C tätig. In den Zeiträumen vom 17.11. bis 23.12.2015, vom 27.02. bis 28.03.2016 und vom 17.07. bis 07.09.2017 wurde er jeweils an das Bundespolizeipräsidium (BPOLP) in D abgeordnet. Durch das BPOLP wurde der Kläger sodann jeweils für einen Einsatz im Rahmen von A zur Unterstützung der B Küstenwache auf die E zur Dienstverrichtung abgeordnet (vgl. Bl. 26 und 59 der FA-Akten: dienstliche Verwendung als „Fingerprint Expert zgl. Escort Officer”). Die Entsendung erfolgte im Wege einer Zuweisung ohne auslandsbezogenen Besoldungsanspruch (vgl. Bl. 59 und 71 der FA-Akte) mit Anspruch auf Auslandstrennungsgeld in Form von Auslandsreisekosten nach § 12 Abs. 7 der Auslandstrennungsgeldverordnung (ATGV).
Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, auch A genannt, ist in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten zuständig für die Kontrolle der EU-Außengrenzen. A hat ihren Sitz in F.
Die laufenden Dienstbezüge des Klägers wurden auch im Zeitraum seines jeweiligen Auslandseinsatzes weitergezahlt. Neben den Dienstbezügen (vom Land C) erhielt der Kläger für diesen Einsatz EU-Gelder durch die A-Agentur. Die von der EU bereitgestellten Gelder für diesen Einsatz werden dem Bund (hier: BPOLP) zur Weiterleitung an den Beamten zur Verfügung gestellt. Das BPOLP fungiert somit nur als „Zahlstelle”. Die Abrechnung enthält insoweit nur eine fiktive Berechnung der inländischen Reisekosten.
Das BPOLP meldete dem Beklagten für die jeweiligen Streitjahre die im Wege der Verwaltungshilfe weitergeleiteten EU-Gelder wie folgt:
Jahr |
Tagegelder |
Übern.geld. |
Fahrtk. |
Sonst. Kost. |
Summe |
2015 |
2.925,00 EUR |
2.435,00 EUR |
77,88 EUR |
6,00 EUR |
5.470,88 EUR |
2016 |
2.378,00 EUR |
1.192,20 EUR |
76,12 EUR |
6,00 EUR |
3.652,32 EUR |
2017 |
4.346,00 EUR |
4.017,00 EUR |
1.625,79 EUR |
318,00 EUR |
10.306,79 EUR |
Im Veranlagungsverfahren legte der Kläger Reisekostenabrechnungen des BPOLP vor, aus denen ersichtlich ist, dass die weitergeleiteten EU-Gelder auf die Reisekostenvergütung nach nationalem Recht angerechnet wurden. Aus ihnen ergibt sich Folgendes im Detail:
2015 |
festgesetzt. Reisek.vergüt. |
steuerfrei |
Fahrtkosten |
84,83 EUR |
120,83 EUR |
sonstige Kosten |
6,00 EUR |
6,00 EUR |
Inlandstagegeld |
12,00 EUR |
12,00 EUR |
Auslandtagegeld |
553,00 EUR |
658,00 EUR |
ermäßigtes Tagegeld |
630,00 EUR |
840,00 EUR |
Übernachtungskostenerstattung |
2.506,00 EUR |
2.506,00 EUR |
Summe |
3.791,83 EUR |
4.182,83 EUR |
2016 |
festgesetzt. Reisek.vergüt. |
steuerfrei |
Fahrtkosten |
72,00 EUR |
108,00 EUR |
sonstige Kosten |
6,00 EUR |
6,00 EUR |
Inlandstagegeld |
24,00 EUR |
24,00 EUR |
Auslandtagegeld |
560,00 EUR |
672,00 EUR |
ermäßigtes Tagegeld |
409,50 EUR |
546,00 EUR |
Übernachtungskostenerstattung |
1.192,20 EUR |
1.192,20 EUR |
Summe |
2.263,70 EUR |
2.548,20 EUR |
2017 |
festgesetzt. Reisek.vergüt. |
steuerfrei |
Fahrtkosten |
1.568,19 EUR |
1.601,79 EUR |
sonstige Kosten |
50,00 EUR |
50,00 EUR |
Auslandtagegeld |
468,00 EUR |
552,00 EUR |
ermäßigtes Tagegeld |
999,00 EUR |
1.332,00 EUR |
Übernachtungskostenerstattung |
4.017,00 EUR |
4.017,00 EUR |
Summe |
7.102,19 EUR |
7.552,79 EUR |
In dem am 01.09.2016 erlassenen Einkommensteuerbescheid 2015 berücksichtigte der Beklagte EU-Gelder in Höhe von 1.679 EUR (5.470,88 EUR abzüglich 3.791,83 EUR) als steuerpflichtig (ebenso wie im Änderungsbescheid vom 21.12.2017), im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 21.12.2017 in Höhe von 1.386 EUR (3.652,32 EUR abzüglich 2.263,70 EUR) und im Einkommensteuerbescheid 2017 vom 24.10.2018 in Höhe von 3.204 EUR (10.306,79 EUR abzüglich 7.102,19 EUR). Im letzteren Bescheid berücksichtigte der Beklagte Werbungskosten für die Auswärtstätigkeit in Höhe von 451 EUR.
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