rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Überprüfung der schriftlichen Steuerberaterprüfung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Finanzgerichte können in den Verfahren über Steuerberaterprüfungen schriftliche Arbeiten im Rahmen einer Steuerberaterprüfung auf Grund eigenen Sachverstandes beurteilen.
2. Aus dem Grundsatz der Chancengleichheit folgt jedoch, dass die prüfungsspezifischen Wertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne Weiteres im späteren Verwaltungsstreitverfahren nachvollziehen lassen. Dementsprechend dürfen Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden, sondern sind in einem Bezugssystem zu finden, dass durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird.
3. Mit dem Grundsatz der Chancengleichheit wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengten, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten.
Normenkette
StBerG § 37; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 12 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Nach erfolglosen Versuchen 1993 und 1995 nahm die Klägerin im Jahr 1998 erneut an der Steuerberaterprüfung teil. In den schriftlichen Arbeiten erzielte sie folgende Bewertung:
1. Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete |
Note 5,5 |
2. Ertragsteuern |
Note 4,5 |
3. Buchführung und Bilanzwesen |
Note 4,5 |
das ergab einen Notendurchschnitt von |
4,83. |
Dementsprechend wurde die Steuerberaterprüfung 1998 mit Bescheid vom 08.01.1999 für nicht bestanden erklärt.
Die Klägerin erzielte in den drei Klausuren von jeweils 100 möglichen folgende Punkte:
|
Erstprüfer |
Zweitprüfer |
Verfahrensrecht u. a. Steuerrechtsgebiete |
18,5 |
25,5 |
Ertragsteuern |
45,5 |
44 |
Buchführung und Bilanzwesen |
43,5 |
43,5 |
Es ist ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren durchgeführt worden. Dieses führte dazu, dass in der Klausur Verfahrensrecht u. a. Steuerrechtsgebiete der Zweitprüfer einen weiteren halben Punkt zusätzlich erteilte. Eine Änderung der Note 5,5 für diese Klausur ergab sich daraus nicht. In der Klausur Ertragsteuern hat der Erstkorrektor weitere 1,5 Punkte und der Zweitkorrektor weitere 3 Punkte vergeben. Es verblieb bei der Teilnote 4,5. In der Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet Buchführung und Bilanzwesen wurde noch ein zusätzlicher halber Punkt anerkannt. An der Note änderte sich dadurch nichts. Dementsprechend verblieb es bei der Gesamtnote 4,83.
Die Klägerin trägt im Vorverfahren und Klageverfahren im Wesentlichen vor:
Die beteiligten Prüfer hätten sich nicht mit ihren Einwendungen fachlich auseinander gesetzt, sondern sich auf eine reine Wiedergabe der Benotung beschränkt. Die Art und Weise der Bewertung sei nicht korrekt. Hintergrund des Steuerrechtes sei die korrekte Besteuerung. Die Bewertung könne nur dahin gehen, dass eine richtige oder eine falsche Besteuerung sich ergebe. Hinter jedem Bewertungssystem könne nur eine konkrete Bewertung stehen in Form eines Entweder/Oder. Die Bewertung ihrer Klausuren sei durch die jeweiligen Korrektoren augensichtlich subjektiv erfolgt. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass bei der Bewertung der Klausuren durch den Erst- und Zweitkorrektor eine unterschiedliche Beurteilung der einzelnen Sachverhalte vorgenommen worden sei. Dies ergäbe sich durch die abweichende Vergabe der zu erzielenden Punkte dergestalt, dass für ein und dieselbe Lösung vom Erstkorrektor zwei Punkte und hingegen vom Zweitkorrektor kein Punkt vergeben worden sei. Eine Übereinstimmung bei der Vergabe der Punkte komme so gut wie nicht vor. Es sei die Korrektheit einer einheitlichen objektiven Bewertung nicht mehr gegeben, wenn der eine Korrektor den Schwerpunkt auf den ersten Teil der Lösung legen könne und der Zweitkorrektor auf den anderen Teil der Lösung. Es sei ein Ermessensspielraum vorhanden, der die gebotene Objektivität verloren gehen lasse und der subjektiven Bewertung Tür und Tor öffne. Dementsprechend müsse ihren Lösungen der gleiche Bewertungsspielraum zugemessen werden; zumal ihr für die benötigte Verbesserung der Gesamtnote für jeweils zwei Prüfungsklausuren nur eine halbe Note fehle. Wenn nach schablonenhaften Musterlösungen bewertet werden dürfte, dann sollten auch die Prüfungsaufgaben danach ausgerichtet sein. Es sei ihr unerklärlich, aus welchen Gründen das Mitglied des Prüfungsausschusses, der Steuerberater X, sich im Oktober 2000 für befangen erklärt habe. Sie könne sich das im Schreiben des Prüfers X an das Thüringer Finanzministerium vom 25.03.2002 dargestellte Telefongespräch nicht erklären, weil sie im Oktober des Jahres 2000 nicht gewusst habe, dass dieser Prüfer eine ihrer Klausuren bewertet habe. Sie erhebe zu den Klausuren im Einzelnen folgende Einwendungen:
Zur Klausur aus dem Gebiet des Verfahrensrechts u.a. Steuerrechtsgebieten:
I. Abgabenordnung
Sachverhalt 1/Frage 1:
1) Sie habe in ihrer Klausurlösung festgestellt, dass ein Antrag für die Gewährung eines Ausbildungsfreibetrages erfo...