Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Verdeckte Einlagen sind Zuwendungen eines Vermögensvorteils in Form eines bilanzierungsfähigen Wirtschaftsguts seitens eines Anteilseigners oder einer ihm nahestehenden Person an seine Kapitalgesellschaft ohne wertadäquate Gegenleistung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat.
Sachverhalt
Im Streitfall überließ (vereinfacht dargestellt) der Gesellschafter einer GmbH dieser einen Mandantenstamm aus seiner bisherigen selbständigen Tätigkeit. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Übergang der Mandate keine bloße Nutzungsüberlassung darstelle, sondern eine verdeckte Einlage in die GmbH.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruch bekam der Steuerpflichtige im finanzgerichtlichen Verfahren Recht. Verdeckte Einlagen sind – im Gegensatz zu offenen Einlagen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten – Zuwendungen einlagefähiger Vermögensvorteile seitens eines Anteilseigners oder einer ihm nahestehenden Person an seine Kapitalgesellschaft ohne wertadäquate Gegenleistung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben. Der Mandantenstamm kann daher als bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut auch Gegenstand einer verdeckten Einlage sein.
Voraussetzung für einen einlagefähigen Vermögensvorteil ist, dass Gegenstand einer Einlage ein bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut ist. Als verdeckte Einlagen sind demnach nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens oder durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens mehren. Maßgebend ist das Bilanzrecht. Entscheidend ist, inwieweit Bilanzposten in eine Bilanz hätten eingestellt werden müssen.
Im Streitfall mangelte es jedoch an einer für die Annahme einer Einlage erforderlichen endgültigen Übertragung des Mandantenstamms und damit an einer – durch Ansatz eines Aktivpostens in der Bilanz herbeigeführten –Vermögensmehrung bei der GmbH. Denn hierfür wäre die Übertragung des zivilrechtlichen oder jedenfalls des wirtschaftlichen Eigentums an dem Mandantenstamm erforderlich gewesen, diese Voraussetzungen lagen im Streitfall jedoch nicht vor.
Das FG entschied, dass die Vereinbarung über die Überlassung des Mandantenstamms zivilrechtlich als Pachtverhältnis einzuordnen ist.
Hinweis
Die Bewertung von Einlagen aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen erfolgt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grundsätzlich mit dem Teilwert. Werden einzelne Wirtschaftsgüter eines Betriebsvermögens in eine Kapitalgesellschaft, deren Beteiligung ebenfalls zum Betriebsvermögen gehört, eingelegt, erhöhen sich gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG die Anschaffungskosten der Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts. Diese Aufstockung des Wertansatzes führt zugleich zur Gewinnrealisierung in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert des eingelegten
Wirtschaftsguts und dessen Teilwert.
Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen eines Einlagetatbestands trifft nach allgemeinen Grundsätzen denjenigen, der sich auf das Vorliegen eines solchen beruft. Nimmt – wie im Streitfall – das Finanzamt eine Einlage des Mandantenstamms als steuerbegründenden Tatbestand an, so trägt es hierfür die Feststellungslast.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil v. 24.06.2021, 10 K 2506/18 F