[1]

Für die Auslegung der in § 92a Abs. 1 EStG genannten Begriffe der Anschaffung oder Herstellung gelten die allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Grundsätze, die auf § 255 Abs. 1 und 2 HGB beruhen.[2] Anschaffungskosten sind danach Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu gehören auch Nebenkosten, z. B. Grunderwerbsteuer, Notarkosten und nachträgliche Anschaffungskosten.[3] Herstellungskosten i. S. v. § 255 Abs. 2 HGB sind Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Herstellen i. S. v. § 92a EStG bedeutet die Schaffung einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung und ist daher von einer reinen Erweiterung abzugrenzen.[4]

Das in einem Altersvorsorgevertrag angesparte geförderte Altersvorsorgekapital kann ganz oder teilweise unmittelbar für die Herstellung von selbst genutztem Wohneigentum eingesetzt werden. Davon ist auszugehen, wenn innerhalb von 6 Monaten vor Antragstellung bei der "Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen" (ZfA) und bis 12 Monate nach Auszahlung des geförderten Altersvorsorgevermögens entsprechende Aufwendungen für die Herstellung, von Umbaumaßnahmen zur Reduzierung von Barrieren[5] oder für die Finanzierung der energetischen Sanierung[6] entstanden sind.[7]

Aufwendungen, für die der Zulageberechtigte bereits eine vertragsmäßige Verwendung i. S. . WoPG erklärt hat, bleiben unberücksichtigt.[8]

Wird bei Entnahme von Kapital zur Anschaffung einer Wohnung die Wohnung nach dem Anschaffungszeitpunkt zunächst durch einen Dritten/Mieter genutzt, kann von einer wohnungswirtschaftlichen Nutzung ab Beginn der gesetzlich vorgeschriebenen Selbstnutzung[9] durch den Zulageberechtigten ausgegangen werden, wenn

  • der Zulageberechtigte innerhalb eines Monats nach der Eintragung seiner Eigentümerstellung im Grundbuch die beabsichtigte Selbstnutzung durch eine schriftliche Kündigung des Mietverhältnisses zum nächstmöglichen Zeitpunkt nachweist und
  • die Selbstnutzung des Zulageberechtigten innerhalb von 6 Monaten nach Auszug des Dritten/Mieters aufgenommen wird.

Anderenfalls ist keine Unmittelbarkeit gegeben.

 
Achtung

Grund- und Bodenanteil

Im Bericht des Finanzausschusses[10] wurde ergänzend klargestellt, dass auch der der Wohnung zuzurechnende Grund- und Bodenanteil mit dem Entnahmebetrag finanziert werden darf. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich dies nicht zwingend, denn dort ist nur von Wohnung die Rede und nicht von Wohnimmobilie. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift wäre eine anderweitige Sichtweise jedoch nicht begründbar. Folglich muss es auch unschädlich sein, wenn Anschaffungsnebenkosten – wie z. B. Notargebühren, Grunderwerbsteuer – mit dem Altersvorsorge-Eigenheimbetrag beglichen werden.[11]

In diesem Sinne hat sich auch die Finanzverwaltung festgelegt.[12]

 
Hinweis

Erschließungsbeiträge

Neben den Anschaffungs- und Herstellungskosten für eine Wohnung ist zwar auch der dieser selbstgenutzten Wohnung zuzurechnende Grund- und Bodenanteil begünstigt. Erschließungsbeiträge werden allerdings grundsätzlich nicht als nachträgliche Anschaffungskosten angesehen, wenn durch die Zweiterschließung die bereits vorhandene Erschließungsanlage nur – etwa mit dem Ziel ihrer zeitgerechten technischen Verbesserung – ersetzt oder modernisiert wird. Es handelt sich dann um Erhaltungsaufwand. Etwas anderes gilt nur, wenn das Grundstück durch die Maßnahme in seiner Substanz oder seinem Wesen verändert wird.[13]

Hergestellt ist eine Wohnung, wenn sie bezugsfertig ist,[14] d. h. wenn die wesentlichen Maßnahmen durchgeführt worden sind, z. B. Ver- und Entsorgungsanschlüsse, Türen und Fenster, Heizung, Sanitäreinrichtungen und Kochgelegenheit. Der Zeitpunkt der Bauabnahme ist nicht entscheidend.[15]

Eine Wohnung wird nicht hergestellt bei

  • Umwidmung einer Wohnung (z. B. einer bisher fremdvermieteten oder als Praxis genutzten Wohnung in eine selbst genutzte Wohnung),
  • Instandsetzung einer leer stehenden Wohnung,
  • Verkleinerung oder Vergrößerung einer Wohnung oder
  • Verbindung von Wohnungen.[16]
 
Achtung

Ausbau oder Erweiterung einer bereits selbst genutzten Wohnung

Der Ausbau oder die Erweiterung einer bereits selbst genutzten Wohnung stellt i. d. R. keine wohnungswirtschaftliche Verwendung i. S. d. § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG dar.[17]

[2] BMF, Schreiben v. 5.10.2023, IV C 3-S 2015/22/10001:001, 2023/0928995, BStBl 2023 I S. 1726, Rn. 277,

BFH, Urteil v. 16.2.2022, X R20/20, BStBl 2022 II S. 622, Rn. 19 m. w. N.

[4] Stellmacher in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG, Kommentar 320. Aufl./Lfg. 08.2023, § 92a EStG, Rz. 7.

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