Michele Schwirkslies, Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Bei der Lieferung von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen, die in der Anlage 3 zum UStG aufgeführt sind, findet ein Wechsel der Steuerschuld statt. Schuldner der Umsatzsteuer ist der Leistungsempfänger.
Die in der Anlage 3 aufgeführten Materialien werden nicht immer sortenrein geliefert. Bei Mischungen oder Warenzusammensetzungen werden die einzelnen Teile getrennt beurteilt. Ist eine getrennte Beurteilung nicht möglich, kommt es darauf an, welche Bestandteile überwiegen.
Überwiegen die Bestandteile, die zu einem Wechsel der Steuerschuld führen, dann schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die gesamte Lieferung.
Die in Anlage 3 aufgeführten Positionen sind mit Nummern des Zolltarifs versehen. Bei einer korrekten Gesetzesanwendung findet ein Wechsel der Steuerschuld beim Verkauf von Schrott nur statt, wenn dieser unter eine der entsprechenden Zolltarifnummern fällt. Allerdings weicht der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) davon ab. Hier ist Folgendes ausgeführt: "Bei durch Bruch, Verschleiß oder aus ähnlichen Gründen nicht mehr gebrauchsfähigen Maschinen, Elektro- und Elektronikgeräten und Heizkesseln und Fahrzeugwracks ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass sie unter die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers fallen. Dies gilt auch für Gegenstände, für die es eine eigene Zolltarifposition gibt."
D. h., die Finanzverwaltung sagt damit, dass sie aus Vereinfachungsgründen, abweichend von der gesetzlichen Regelung, das Reverse-Charge-Verfahren anwendet. Was allerdings offen ist, ist die Frage, in welchem Zustand ein Pkw sein muss, damit es sich um ein Fahrzeugwrack handelt. Nicht jedes Fahrzeug, das nach seinem Verkauf ausgeschlachtet wird, ist ein Fahrzeugwrack. So muss ein Pkw kein Fahrzeugwrack sein, nur weil ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, weil z. B. die Reparaturkosten für einen Pkw, der vom TÜV beanstandet wird oder nach einem Unfall reparaturbedürftig ist, über dem Zeitwert liegen. Derartige Fahrzeuge werden oft für wenig Geld erworben und nach Instandsetzung verkauft.
Unzutreffender Wechsel der Steuerschuldnerschaft kann beibehalten werden
Leistungsempfänger und leistender Unternehmer können in Zweifelsfällen das Reverse-Charge-Verfahren anwenden, wenn sie übereinstimmend davon ausgehen, dass die Voraussetzungen vorliegen. Sollte diese Auffassung nach der Art der Umsätze unter Anlegung objektiver Kriterien nicht zutreffend sein, gilt der Leistungsempfänger dennoch als Steuerschuldner, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen.
Diese gesetzliche Regelung mindert den Druck, sodass man durchaus ohne Risiko das Reverse-Charge-Verfahren anwenden kann, wenn z. B. ein Unternehmer Fahrzeuge an einen Schrotthändler veräußert, der diese Fahrzeuge dann ausschlachtet.
Autohändler verkauft Unfallfahrzeug
Herr Huber ist Autohändler und verkauft ein Unfallfahrzeug, das einen Totalschaden hat, an einen Schrotthändler. Obwohl ein Pkw verkauft wird, findet ein Wechsel der Steuerschuld statt, weil der Schrotthändler das Fahrzeug ausschlachtet und die Einzelteile verkauft. Herr Huber als Verkäufer zahlt keine Umsatzsteuer für den Pkw mit Totalschaden. Vielmehr schuldet der Schrotthändler die Umsatzsteuer.
Die Zuordnung zur Anlage 3 des UStG richtet sich nach Zolltarifpositionen, die im Alltagsgeschäft nicht immer leicht bestimmbar sind. Im Zweifel darf der Unternehmer in Abstimmung mit dem Leistungsempfänger § 13b UStG anwenden, sodass dieser Schuldner der Umsatzsteuer wird.