6.1 EU-Richtlinien
Nach der DAC6- EU-RL sind Intermediäre, insbesondere Berater als auch (nachrangig) Steuerpflichtige verpflichtet, bestimmte grenzüberschreitenden Gestaltungen an die Finanzbehörden zu melden, die per automatischem Informationsaustausch allen anderen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden sollen.
Die grundsätzlich verpflichteten Intermediäre (u. a. Wirtschaftsprüfer, Abschlussprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte) sind allerdings aufgrund des grundgesetzlich gesicherten Rechts der Berufsfreiheit sowie ihrer Verschwiegenheitspflichten nach dem Verständnis der Bundesrepublik Deutschland von der Meldepflicht befreit.
Als Folge der Befreiung erfolgt ein Rückgriff auf den Steuerpflichtigen, d. h. faktisch meldet der Intermediär für seinen Mandanten.
Ob eine grenzüberschreitende Gestaltung anzeigepflichtig ist, bestimmt sich vordergründig nach den sog. Hallmarks. Diese Kennzeichen nach Anhang IV der EU-Richtlinie 2018/822 sollen auf ein potenzielles Risiko der Steuervermeidung hindeuten. Bei einem Teil der Hallmarks ist als zusätzliches Kriterium der sog. main benefit test erforderlich, d. h. dass der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile der Gestaltung die Erlangung eines Steuervorteils ist.
Kategorie (alternativ) |
Kennzeichen |
zusätzlich Main Benefit Test |
A |
allgemeine Kennzeichen an den äußeren Umständen der Gestaltung z. B. Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen, Vereinbarung von Erfolgshonoraren, Verwendung standardisierter Dokumentation |
Ja |
B |
spezifische Kennzeichen im Rahmen der konkreten Ausgestaltung des Modells oder dem rechtlichen Ergebnis |
Ja |
C |
spezifische Kennzeichen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Transaktionen |
Nein |
D |
spezifische Kennzeichen hinsichtlich Vereinbarungen über den automatischen Informationsaustausch |
Nein |
E |
spezifische Kennzeichen hinsichtlich der Verrechnungspreisgestaltung |
Nein |
Hinweise:
1. Faktische Rückwirkung
Mit der Veröffentlichung der EU-Anzeigepflichten am 5.6.2018 im EU-Amtsblatt ergibt sich ungeachtet der noch nicht erfolgten Umsetzung in Deutschland, dass Intermediäre bzw. Steuerpflichtige bereits grenzüberschreitende Gestaltungen anzeigen müssen, deren erster Umsetzungsschritt ab dem 25.6.2018 erfolgt. Ab dem 1.7.2020 sind Intermediäre und Steuerpflichtige dann laufend verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen die von der Richtlinie erfassten grenzüberschreitenden Gestaltungen an die Finanzbehörden zu melden.
2. Evtl. auch Ausdehnung auf nationale Gestaltungen
Es ist politisch noch nicht entschieden, ob entsprechend der Forderung der Mehrheit der Bundesländer eine Ausdehnung auf Inlandsfälle erfolgt.
6.2 Umsetzung in Deutschland
In Deutschland erfolgt die Umsetzung durch das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (BT-Drucksache 19/15876).
Neu eingefügt wurden in die AO die §§ 138d ff sowie § 383a.
- § 138d Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen
- Normierung der Pflicht für Intermediäre zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen.
- Definition der mitteilungspflichtigen grenzüberschreitenden Steuergestaltung und welche Steuerarten (z. B. Ertragsteuern, Erbschaft- und Schenkungsteuer, aber nicht die Umsatzsteuer) darunter fallen.
- Definition eines steuerlichen Vorteils.
- Bestimmung, welche Intermediäre in Deutschland einer Mitteilungspflicht unterliegen und in welchem Umfang diese besteht.
- Klarstellung, dass für eine steuerliche Anerkennung der mitgeteilten Steuergestaltung eine ausdrückliche Reaktion der Finanzverwaltung erforderlich ist.
- § 138e Kennzeichen grenzüberschreitender Steuergestaltungen
- Abschließende Aufzählung der Kennzeichen, die einen mitteilungspflichtigen Tatbestand auslösen können (Umsetzung der Hallmarks der EU-Richtlinie).
- § 138f Verfahren zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen
- Regelung des Verfahrens zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen. Die Mitteilung ist gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle zu erstatten.
- Bestimmung der Frist für die Mitteilung.
- Bestimmung welche individuellen, die Nutzer der Gestaltung betreffenden Angaben mitzuteilen sind.
- Regelung, in welchen Fällen die gesetzliche Mitteilungspflicht auf den Nutzer übergeht, sofern sich der Intermediär auf eine Verschwiegenheitspflicht berufen kann (s. auch 3. Gesetzliche Verschwiegenheitspflichten).
- § 138g Auswertung grenzüberschreitender Steuergestaltungen
- Zuständigkeit des BZSt, die eingegangenen Mitteilungen rechtspolitisch auszuwerten.
- Sind in einer Mitteilung Steuern betroffen, die ganz oder teilweise den Ländern oder Gemeinden zustehen, informiert das BMF die obersten Finanzbehörden der Länder.