Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Ein Rechtsanwalt a. D. ist nicht nach §§ 3 bis 4 StBerG befugt, in Steuersachen Hilfe zu leisten. Die Befugnis ergibt sich auch nicht aus den Regelungen des zum 1.7.2008 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Sachverhalt
Der Antragsteller - ein Rechtsanwalt a. D. - hat sich gegenüber dem Finanzamt mit Schreiben vom 27.5.2010 zum Verfahrensbevollmächtigten einer Steuerpflichtigen bestellt und reichte eine von dieser unterschriebene Vollmacht ein, die textlich den üblichen Rechtsanwaltsvollmachten entspricht. Im Briefkopf bzw. der Fußzeile seines Briefpapiers wies er darauf hin, dass er als "soziale Rechtsdienstleistungskanzlei" befugt sei "zu Rechtsdienstleistungen und zur Vertretung vor Behörden und Gerichten nach Maßgabe des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes vom 12.12.2007".
Das Finanzamt hat den Antragsteller wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen und die Aussetzung der Vollziehung des Zurückweisungsbescheids abgelehnt.
Entscheidung
Das FG hat im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO nach summarischer Prüfung entschieden, dass die Zurückweisung durch das Finanzamt rechtmäßig ist, denn der Antragsteller gehört dem Personenkreis der §§ 3 und 4 StBerG nicht an. Er kann sich auch nicht auf das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) berufen, denn die spezielleren Regelungen des StBerG gehen dem RDG vor.
Aber selbst wenn das RDG einschlägig wäre, ist die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach § 3 RDG nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt ist. § 5 RDG, der eine Rechtsdienstleistung als Nebentätigkeit erlaubt, greift hier nicht, da der Antragsteller seine Leistungen als Haupttätigkeit ausübt. Dass er seine Leistungen innerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt (§ 9 RDG) oder unentgeltlich gegenüber anderer Personen tätig wird (§ 6 RDG), ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Hinweis
Rechtsanwälte sind nach § 3 Abs. 1 BRAO zur Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten berechtigt. Diese Berechtigung umfasst auch die steuerliche Hilfeleistung (§ 3 Nr. 1 StBerG). Die Rechtsberatungsbefugnis wird als Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erteilt. Mit dem Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft fällt auch die Beratungsbefugnis weg. Von daher hat das Finanzamt den Rechtsanwalt a. D. zu Recht als Verfahrensbevollmächtigten zurückgewiesen.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Beschluss vom 29.09.2010, 6 V 1310/10