Leitsatz
Bestellt eine Kommune einem freien Träger der Wohlfahrtspflege zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentgeltlich ein Erbbaurecht an einem Grundstück mit aufstehendem Senioren- und Pflegeheim, ist dies keine freigebige Zuwendung und daher nicht gem. § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Nr. 2 GrEStG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, Art. 28 Abs. 2 GG
Sachverhalt
Eine Kommune bestellte 1997 an ihrem Altenheimgrundstück ein Erbbaurecht zugunsten eines freien Trägers der Wohlfahrtspflege (Kläger). Die Bestellung erfolgte wegen der Gemeinnützigkeit des Klägers "gegen einen symbolischen Erbbauzins von jährlich 1 DM unentgeltlich". Der Kläger muss die Heimnutzung des Grundstücks beibehalten. Andernfalls fällt das Erbbaurecht gegen eine Entschädigung nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung auf die Kommune zurück.
Das FA hielt die Erbbaurechtsbestellung für grunderwerbsteuerpflichtig. Demgegenüber nahm der Kläger an, es liege eine freigebige Zuwendung vor, die grundwerbesteuerfrei sei.
Entscheidung
Der BFH gab dem FA recht. Zur Begründung berief er sich auf die Grundsätze, die er zu den unentgeltlichen Vermögensübertragungen zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung aufgestellt hat, und entwickelte sie ein weiteres Mal fort. Sie gelten auch, wenn Übertragungsempfänger eine gemeinnützige Organisation ist und die Übertragung in Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorgenommen wurde.
Hinweis
Die vorliegende Entscheidung liegt auf der Linie der mit Urteil vom 1.12.2004, II R 46/02 (BFH-PR 2005, 266) eingeleiteten und mit Urteil vom 29.3.2006, II R 15/04 (BFH-PR 2006, 325) fortgeführten Rechtsprechung.
Im ersten Urteil ging es um einen Erwerbsvorgang zwischen zwei Trägern öffentlicher Verwaltung und im zweiten Urteil um einen Erwerbsvorgang zwischen einem Träger öffentlicher Verwaltung und einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter dieser Träger war.
Die vorliegende Entscheidung betrifft einen Sachverhalt, bei dem der Erwerber weder selbst ein Träger öffentlicher Verwaltung war noch in gesellschaftsrechtlicher Beziehung zu diesem stand. Gleichwohl erstreckte der BFH die Grundsätze aus den beiden ersten Urteilen auch auf diesen Sachverhalt. Damit schält sich heraus, dass entscheidendes Kriterium für das Verneinen einer Schenkung – und demzufolge der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG – ist, dass auf der Veräußererseite ein Träger öffentlicher Verwaltung steht, der als solcher bei der Grundstücksübertragung regelmäßig in Wahrnehmung der ihm obliegenden öffentlichen Aufgaben und somit nicht freigiebig handelt. Der Grundstücksübertragung steht dabei die Erfüllung einer sonst den Träger öffentlicher Verwaltung obliegenden Aufgabe durch den Erwerber gegenüber.
Unerheblich ist, ob die Aufgabe zu seinen gesetzlichen Pflichtaufgaben gehört oder ob deren Wahrnehmung – wie dies etwa im Bereich der Daseinsvorsorge bei den Kommunen der Fall sein kann – seiner freien Entscheidung unterliegt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.03.2006, II R 68/04BFH, Urteil vom 29.03.2006, I R 68/04