Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch für nach der FGO vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung steht, eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln.
Sachverhalt
Die verheirateten Kläger erzielen neben Gewinneinkünften Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Aufgrund einer bei ihnen durchgeführten Außenprüfung änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014-2016. Die gegen die geänderten Steuerbescheide eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt als unbegründet zurück.
Im Klageverfahren machten die durch ihren Prozessbevollmächtigten - einen Steuerberater -vertretenen Kläger geltend, die Außenprüfung sei unrechtmäßig durchgeführt worden. Mit - dem Prozessbevollmächtigten am 13.1.2023 zugestellten - Gerichtsbescheid hat das FG die Klage abgewiesen.
Am 13.2.2023 hat der Prozessbevollmächtigte per Telefax mündliche Verhandlung beantragt. Das FG wies diesen mit Schreiben vom 18.5.2023 darauf hin, dass der bei Gericht eingegangene Antrag auf mündliche Verhandlung nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden sei und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.6.2023. Eine Stellungnahme erfolgte zunächst nicht.
Mit am 29.8.2023 beim FG eingegangenen Telefax trug der Prozessbevollmächtigte vor, dass es ihm unmöglich gewesen sei, bis zum 13.2.2023 ein Postfach einzurichten, da ihm erst mit Schreiben vom 28.2.2023 von der Bundessteuerberaterkammer die dafür erforderlichen Unterlagen zur Registrierung für die Steuerberaterplattform übersandt worden seien. Ferner sei die Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids fehlerhaft.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass der Gerichtsbescheid als Urteil wirkt, da der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung unwirksam sei.
Der Prozessbevollmächtigte sei nach § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO vertretungsberechtigt. Für Steuerberater stehe seit dem 1.1.2023 mit dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung, der spätestens ab dem 1.1.2023 nach § 52d Satz 2 FGO zu nutzen sei. Der Bevollmächtigte sei daher verpflichtet gewesen, den Antrag nach § 90a Abs. 3 FGO als elektronisches Dokument über sein beSt zu übermitteln. Geschehe dies nicht, führt der Formverstoß zur Unwirksamkeit des Antrags.
Die Frist zur Stellung des Antrags auf mündliche Verhandlung habe sich auch nicht auf ein Jahr wegen einer Unrichtigkeit der dem Gerichtsbescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung verlängert. Eine Rechtsmittelbelehrung in einem Gerichtsbescheid sei nicht unrichtig erteilt, wenn sie keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Übermittlung des Antrags mittels eines elektronischen Dokuments gemäß § 52a FGO enthalte. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei vielmehr richtig erteilt, wenn sie den Wortlaut des für den Antrag auf mündliche Verhandlung analog anzuwendenden § 64 Abs. 1 FGO wiedergebe. Einen Verweis auf die Möglichkeit der Übermittlung der Klageschrift mittels elektronischen Dokuments enthalte § 64 Abs. 1 FGO nicht. Deshalb sei ein Hinweis auf die Möglichkeit der Stellung des Antrags auf mündliche Verhandlung auf elektronischem Weg nicht notwendig.
Hinweis
Der Prozessbevollmächtigte hat gegen die Entscheidung des FG Revision beim BFH eingelegt, Az beim BFH VI R 9/24. Dieser wird nunmehr die Frage entscheiden müssen, ob ein Steuerberater im Februar 2023 verpflichtet war, einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung als Reaktion auf einen Gerichtsbescheid in elektronischer Form über das beSt zu übermitteln.
Der BFH hat allerdings bereits mehrfach entschieden, dass Steuerberatern ab dem 1.1.2023 ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht, zu dessen Nutzung sie nach § 52d Satz 2 FGO verpflichtet sind (BFH, Beschluss v. 16.1.2024, VIII B 141/22; BFH, Beschluss v. 11.8.2023, VI B 74/22; BFH, Beschluss v. 31.10.2023, IV B 77/22).
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil v. 30.08.2023, 1 K 44/22