Leitsatz
1. Überträgt ein Konzertveranstalter den Kartenvorverkauf einer als Vermittlerin tätigen "Vorverkaufsstelle", ist die "Vorverkaufsgebühr" Teil des vom Kunden für die Konzertkarte geschuldeten Entgelts und unterliegt dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.
2. Die zwischen Konzertveranstalter und "Vorverkaufsstelle" vereinbarte "Refundierung" eines Teils der von den Kartenkäufern verlangten "Vorverkaufsgebühr" mindert die Bemessungsgrundlage für die vom Konzertveranstalter der "Vorverkaufsstelle" geschuldete Vermittlungsprovision, nicht dagegen die Bemessungsgrundlage für den Kartenverkauf.
Normenkette
§ 3 Abs. 9, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG 1999, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a, Anhang H Nr. 7 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Ein KV hatte mit der VVSt vereinbart, dass sie eine Vorverkaufsgebühr bis zu 10 % verlangen durfte, aber bei bekannten Künstlern einen Teil davon wieder an den KV "refundieren" musste. KV versteuerte nur den auf den Karten aufgedruckten "Kartenpreis" (ohne "Vorverkaufsgebühr"). FA und das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 8.4.2009, 7 K 5054/05 B, Haufe-Index 2172245, EFG 2009, 1346) meinten, der KV habe der VVSt eine Geschäftschance eingeräumt und dafür die "Refundierung" erhalten. Dies sei – neben der Veranstaltung des Konzerts gegenüber den Konzertbesuchern – eine zusätzliche, nicht ermäßigt zu besteuernde zusätzliche Leistung an die VVSt.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin führte zur Zurückverweisung. Das von der VVSt für den Veranstalter vereinnahmte Entgelt ist insgesamt vom Veranstalter, aber – weil die Organisation des Kartenverkaufs ergänzender Teil der Veranstaltungsleistung ist – nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG ermäßigt zu besteuern. Die VVSt muss nur die Vermittlungsprovision versteuern, die ihr nach der vereinbarten "Refundierung" verbleibt. Und der Klägerin steht auch nur in dieser Höhe der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der VVSt über die Vermittlungsleistung zu.
Hinweis
1. Umsatzsteuerrechtlich ist der Verkauf von Konzertkarten eine sonstige Leistung. Dient die Übertragung des Gegenstands (Konzertkarte) dazu, die Übertragung eines Rechts oder eine bestimmte Nutzung zu ermöglichen, steht regelmäßig die Dienstleistung im Vordergrund. Der wirtschaftliche Gehalt der Leistung ist bei einer Konzertkarte auf den Besuch des Konzerts gerichtet. Die Eintrittskarte selbst repräsentiert nur die Berechtigung, die im Konzert gebotene Leistung zu hören und zu sehen, ist als Gegenstand aber nur von untergeordneter Bedeutung.
2. Der Verkauf von Konzertkarten erfolgt z.T. über Vorverkaufsstellen (VVSt). Für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen Konzertveranstalter (KV), VVSt und Kartenkunden sind die allgemeinen Grundsätze maßgeblich. In der Regel wird nicht die VVSt dem Kunden die Eintrittsberechtigung im eigenen Namen einräumen, sondern die Karten nur als Vermittler für den Veranstalter "verkaufen". Daher wird auf der Eintrittskarte nicht die jeweilige VVSt, sondern – wie im Besprechungsfall – der Veranstalter genannt. Üblich ist – wie im Besprechungsfall –, dass ein Kartenpreis zuzüglich einer nicht bezifferten Vorverkaufsgebühr aufgedruckt ist. Der Kartenpreis, den der Kunde bezahlt, umfasst dann das Entgelt für die Darbietung und die Veranstaltung des Konzerts.
3. Muss die VVSt einen Teil der Vorverkaufsgebühr, die sie verlangen kann, an den Veranstalter "auskehren", mindert dies nur die Vermittlungsprovision, die sie von den vereinnahmten Entgelten für die Karten einbehalten darf, nicht dagegen das Entgelt für die Konzertkarte, das der Kunde bezahlt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.11.2011 – V R 16/09