LfSt Bayern v. 30.1.2020, S 2226.2.1-5/14 St32
Umsatzsteuerzahlungen/-Erstattungen als regelmäßig, wiederkehrende Zahlungen (§ 11 EStG)
Es wird für den Zeitpunkt der Erfassung des Zu- bzw. Abflusses grundsätzlich auf die Erlangung bzw. den Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht abgestellt (vgl. H 11 „Allgemeines” EStH).
Umsatzsteuervorauszahlungen und -erstattungen gelten hierbei als regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben (vgl. H 11 „Umsatzsteuervorauszahlungen/-erstattungen” EStH). Dies hat zur Folge, dass die Grundsätze der wirtschaftlichen Zuordnung des § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG für Umsatzsteuerzahlungen innerhalb kurzer Zeit anzuwenden sind. Als kurze Zeit kann ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen angenommen werden.
1. Überweisung
Der Abfluss erfolgt spätestens im Zeitpunkt der Lastschrift. Der Abfluss kann aber auch bereits mit Eingang des Überweisungsauftrags bei der Überweisungsbank erfolgen, da der Zahlende ab diesem Zeitpunkt keine Verfügungsmacht mehr über den Verlauf der Überweisung hat. Voraussetzung ist allerdings, dass das Konto die nötige Deckung aufweist (vgl. H 11 „Überweisung” EStH). Der Zufluss erfolgt im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Bankkonto, da der Zahlungsempfänger erst ab diesem Zeitpunkt über das Geld verfügen kann.
2. Scheck
Der Zeitpunkt des Abflusses erfolgt mit Hingabe des Schecks; der Zeitpunkt des Zuflusses mit Entgegennahme des Schecks. Voraussetzung ist lediglich, dass die Auszahlung bei sofortiger Vorlage des Schecks wegen fehlender Deckung des Kontos nicht verweigert werden kann und die Einlösung nicht durch eine zivilrechtliche Vereinbarung eingeschränkt ist (vgl. H 11 „Scheck” EStH).
3. Lastschrifteinzugsverfahren
Ist vom Steuerpflichtigen eine Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt und wird die Umsatzsteuervoranmeldung fristgerecht eingereicht, gilt die Zahlung als bereits am Fälligkeitstag abgeflossen i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG. Voraussetzung ist jedoch, dass das Konto eine entsprechende Deckung aufweist. Eine tatsächlich spätere Abbuchung vom Konto ist ebenso unbeachtlich wie die Möglichkeit des Steuerpflichtigen, den Lastschrifteinzug zu widerrufen. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 28.04.2015 (11 K 397/15 E, EFG 2015 S. 1264) bestätigt. Inzwischen hat der BFH die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom 08.03.2016 (VIII B 58/15, BFH/NV 2016 S. 1008) als unbegründet zurückgewiesen.
Im Erstattungsfall kommt es dennoch erst im Zeitpunkt der Gutschrift beim Steuerpflichtigen zu einem Zufluss, da er erst zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich über den Geldbetrag verfügen kann.
4. Umbuchung/Aufrechnung
Bei einer Umbuchung handelt es sich um eine Aufrechnung i. S. d. § 226 AO. Der Abfluss und Zufluss erfolgt mit dem Wirksamwerden der Aufrechnungserklärung gem. § 226 Abs. 1 AO i. V. m. § 388 BGB. Hierbei handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie in den Machtbereich des Empfängers (= Steuerpflichtiger) gelangt und nach den Umständen zu erwarten ist, dass er von ihr Kenntnis nimmt. Die zivilrechtliche Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auf den Aufrechnungszeitpunkt ist nicht maßgebend. Für den steuerlichen Zufluss ist rein der Zugang der Aufrechnungserklärung (= Umbuchungsmitteilung) beim Steuerpflichtigen entscheidend (vgl. Urteil des BFH vom 25.10.1994, VIII R 79/91, BStBl 1995 II S. 121).
5. Zustimmungsfälle
Nach § 220 Abs. 2 Satz 1 AO wird der Erstattungsanspruch grundsätzlich mit seiner Entstehung fällig. Ergibt sich der Anspruch aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt gem. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein. Dies bedeutet, dass ein angemeldeter zustimmungsbedürftiger Steuervergütungsanspruch erst mit Bekanntgabe der Zustimmung an den Steuerpflichtigen fällig wird. Dies erfolgt in der Regel konkludent durch die Gutschrift.
Wird die Fälligkeit durch die erst später erfolgte Bekanntgabe der Zustimmung auf ein Datum nach dem 10.01. verschoben, kann die Erstattung somit nicht mehr im VZ der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erfasst werden.
6. Fälle des § 108 Abs. 3 AO
Nach bisheriger Verwaltungsauffassung musste für die Anwendung der sog. 10-Tage-Regelung Zahlung und Fälligkeit innerhalb kurzer Zeit (10-Tageszeitraum) liegen (vgl. H 11 „Kurze Zeit” EStH).
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 11.11.2014 (VIII R 34/12, BStBl 2015 II S. 285) die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung dahingehend bestätigt, dass eine Verlängerung des 10-Tage-Zeitraums im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit nicht in Betracht kommt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschluss vom 23.11.2016, 2 BvR 1258/15). In dem entschiedenen Fall lagen jedoch Zahlung (Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung) und Fälligkeit außerhalb des 10-Tage-Zeitraums.
Zwi...