Rz. 43
Einbehaltungs- und Abführungsverpflichtung
VGA lösen als sonstiger Bezug i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG Kapitalertragsteuer i. H. v. 25 % (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zuzüglich Solidaritätszuschlag aus. Die Kapitalertragsteuer entsteht im Zeitpunkt des Zuflusses der vGA (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG i. V. m. § 11 Abs. 1 EStG), der mit dem Zeitpunkt des Abflusses der vGA bei der Körperschaft grundsätzlich zusammenfällt. Es wird deshalb zumeist auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem die Zahlungen für die schuldrechtliche Vereinbarung erfolgt sind, durch die die Ausschüttung "verdeckt" wird. Dies ist insbesondere für die Fälle von Bedeutung, in denen Pensions- oder Tantiemezusagen ganz oder zum Teil als vGA zu behandeln sind und der Zeitpunkt der Unterschiedsbetragsminderung bei der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft infolge der Bildung der Pensions- bzw. Tantiemerückstellung und Zuführung zu diesen von dem Zeitpunkt abweicht, zu dem die vGA bei der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft abfließt (vgl. Rz. 28). Kapitalertragsteuer ist erst zu dem Zeitpunkt einzubehalten, in dem Pensionszahlungen oder Tantiemezahlungen erfolgen, die – ggf. z. T. – vGA i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sind (vgl. auch Rz. 24) und der Kapitalgesellschaft im Zahlungszeitpunkt abfließen. Die Kapitalertragsteuer ist von der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft bzw. – bei "Durchschüttung" entlang der Beteiligungskette (vgl. Rz. 76 ff.) – von der jeweils weiterleitenden Körperschaft einzubehalten und abzuführen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 f. EStG). Diese haften zudem für die einzubehaltende und abzuführende Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 5 Satz 1 EStG). Der Entrichtungspflichtige hat allerdings die Entlastungsmöglichkeit, den Nachweis zu führen, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig die Entrichtungspflicht verletzt hat. Die Rechtsprechung geht im Hinblick auf diese Entlastungsmöglichkeit davon aus, dass das Unterlassen des Steuerabzugs aus Unkenntnis zur groben Fahrlässigkeit des Entrichtungspflichtigen führen kann und dass bei Zweifeln Rechtsrat einzuholen bzw. zunächst vorsorglich Kapitalertragsteuer einzubehalten ist.
Rz. 44
Erstattungs-/Freistellungsverfahren bei verdeckten Gewinnausschüttungen ins Ausland
In der Praxis wird – auch vor dem Hintergrund der formellen Korrespondenz nach § 32a Abs. 1 KStG (Rz. 31) und der Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die persönliche ESt- oder KSt-Schuld des Gesellschafters – auf die Nachforderung von Kapitalertragsteuer bei im Nachhinein im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgegriffenen vGA-Sachverhalten zumeist verzichtet. Dies gilt allerdings nicht für vGA, die an im Ausland ansässige Gesellschafter erfolgt sind. In diesen Fällen wird regelmäßig die vorteilsgewährende Kapitalgesellschaft durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen, wobei die Rechtsprechung im Hinblick auf die Entlastungsmöglichkeit des Entrichtungspflichtigen nach § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG durchaus restriktiv ist (vgl. Rz. 43). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass bei vGA an im Ausland ansässige Gesellschafter etwaige Entlastungen von der deutschen Kapitalertragsteuer nach einem DBA oder der EU-MTR nicht von Amts wegen gewährt werden, sondern grundsätzlich die reguläre Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen ist (§ 50c Abs. 1 Satz 1 EStG). Dies gilt auch für ausländische Körperschaften, die grundsätzlich einen Entlastungsanspruch auf das deutsche Körperschaftsteuerniveau von 15 % haben (§ 32 Abs. 3 Satz 3 KStG i. V. m. § 44a Abs. 9 EStG), wenn die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG erfüllt sind. Die Entlastung von der deutschen Kapitalertragsteuer erfolgt in einem gesondert geregelten Erstattungsverfahren auf Antrag des Vergütungsgläubigers an das BZSt unter den in § 50c Abs. 3 EStG genannten Voraussetzungen. Dies gilt auch für die durch Nachforderungsbescheid oder durch Haftungsbescheid geltend gemachte Kapitalertragsteuer (§ 50c Abs. 3 Satz 1 EStG). Alternativ kann im Rahmen des Freistellungsverfahrens der Vergütungsgläubiger beim BZSt einen Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung stellen. In diesem Antragsverfahren werden insbesondere die Voraussetzungen für die Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG (Rz. 45) auf Grundlage des BMF-Schreibens v. 24.1.2012 für nach der EU-MTR bzw. § 43b EStG Entlastungsberechtigte sowie eines standardisierten Fragebogens geprüft. Dieses Verfahren unterscheidet sich in den zu erteilenden Auskünften und vorzulegenden Unterlagen deutlich von den Anforderungen, die ausländische Steuerpflichtige bis zur Änderung des § 50d Abs. 3 EStG durch das BeitrRLUmsG und nunmehr erneut durch das AbzStEntModG für die Erlangung einer Freistellungsbescheinigung zu erfüllen haben. Der Vergütungsschuldner kann erst auf Grundlage einer ihm vorliegenden Freistellungsbescheinigung vom Kapitalertragsteuerabzug Abstand nehmen oder den nach DBA reduzierten Quellensteuersatz anwend...