Leitsatz
1. AdV ist nicht schon allein deshalb zu gewähren, weil im Fachschrifttum Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts geäußert worden sind. Die zur Entscheidung berufene Stelle hat vielmehr zu prüfen, ob die im Schrifttum geltend gemachten Gründe nach eigener Beurteilung nennenswert und beachtlich sind.
2. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Gebührenerhebung für die Bearbeitung von Anträgen auf verbindliche Auskünfte gem. § 89 Abs. 3 bis 5 AO dem Grund und der Höhe nach verfassungsgemäß ist. Das gilt sowohl für die sog. Zeitgebühr als auch für die sog. Wertgebühr, und zwar für letztere auch dann, wenn diese auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 30 Mio. EUR zu bemessen ist.
Normenkette
§ 89 Abs. 3 bis 5 AO i.d.F. des JStG 2007, § 2 Abs. 1, Abs. 3 StAuskV, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 108 Abs. 5 GG
Sachverhalt
Der Antragsteller ist Inhaber einer Firmengruppe (X), die im Jahr 1999 aus einer Realteilung hervorgegangen war und deshalb über eine unübersichtliche Beteiligungsstruktur verfügte. Um insbesondere den Anforderungen finanzierender Banken nach einer einfachen und durchschaubaren Beteiligungsstruktur zu entsprechen, plante die Gruppe eine Neustrukturierung. In diesem Zusammenhang beantragten der Antragsteller und Gesellschaften der Gruppe beim FA über bestimmte, genau formulierte Fragen zu zwei Fragenkomplexen eine verbindliche Auskunft gem. § 89 Abs. 2 AO.
Das FA erteilte die erbetene verbindliche Auskunft und stellte dabei der Sache nach die Steuerunschädlichkeit der Neustrukturierung fest. Zugleich setzte es für diese Auskunft gegen den Antragsteller für den Fragenkomplex 1 auf der Basis eines Gegenstandswerts von 30 Mio. EUR eine Gebühr von 91 456 EUR und für den Fragenkomplex 2 eine Zeitgebühr von 500 EUR fest.
Der Antragsteller, der die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte des FA gem. § 89 Abs. 2 AO dem Grund und der Höhe nach für verfassungswidrig hält, erhob Einspruch gegen den Gebührenbescheid, über den das FA noch nicht entschieden hat. Zugleich beantragte er beim FA ohne Erfolg die AdV des Bescheids. Der gleichlautende Antrag an das FG blieb ebenfalls erfolglos (Niedersächsisches FG, Beschluss vom 16.07.2010, 10 V 101/10, Haufe-Index 2379507) …
Entscheidung
… und dabei blieb es auch vor dem BFH. Im Einzelnen ist auf die Praxis-Hinweise zu dem Urteil vom 30.03.2011, I R 61/10 auf S. 282f. zu verweisen.
Hinweis
Der AdV-Beschluss steht im direkten Kontext zu dem Urteil des BFH vom selben Tag – dem 30.03.2010 – I R 61/10 (BFH/NV 2011, 1045). Zu beiden Entscheidungen findet sich alles, das zu sagen ist, auf S. 282 und 283f. in diesem Heft.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 30.03.2011 – I B 136/10