Prof. Dr. Stefan Müller, Sean Needham
Rz. 19
Nach § 162 Abs. 3 AktG ist die Prüfung des Vergütungsberichtes darauf zu beschränken, ob die Angaben zu den in § 162 Abs. 1 und 2 AktG genannten Pflichtbestandteilen gemacht wurden. Die Vorgaben zur externen Prüfung des Vergütungsberichtes entsprechen somit im Wesentlichen der rein formellen Prüfung der (Konzern-)Erklärung zur Unternehmensführung durch den Abschlussprüfer nach § 317 Abs. 2 Satz 6 HGB. Der Verzicht auf die Verankerung einer Pflicht zur gesetzlichen Prüfung des Vergütungsberichts durch den Abschlussprüfer resultiert aus der unveränderten Umsetzung der hier einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben. Der Abschlussprüfer hat im Anschluss einen getrennten Bericht über die Prüfung des Vergütungsberichts zu erstellen, welcher dem Vergütungsbericht beizufügen ist. Im nach § 162 Abs. 3 Satz 3 AktG geforderten Prüfvermerk zum Vergütungsbericht ist lediglich darzustellen, ob die Formalien eingehalten wurde. Es handelt sich somit nicht um einen Bestätigungsvermerk im engeren Sinne. Der Hauptfachausschuss (HFA) des IDW hat dafür den IDW-Prüfungsstandard: Die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG (IDW PS 870) (9/2023) verabschiedet, der die Anforderungen, die der Abschlussprüfer bei der Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG zu beachten hat, zusammenfasst. Nach IDW PS 870 Tz. 15 ist die Prüfung des Vergütungsberichts nach § 162 Abs. 3 AktG Vorbehaltsaufgabe des gesetzlichen Abschlussprüfers. Andere Wirtschaftsprüfer können somit nicht mit der Prüfung des Vergütungsberichts beauftragt werden. Der Prüfer hat den Vergütungsbericht unter Berücksichtigung der Kenntnisse aus der Abschlussprüfung zu lesen und festzustellen, ob alle gesetzlich geforderten Angaben im Vergütungsbericht gemacht wurden. In IDW PS 870 Tz. 18 f. wird hierbei klargestellt, dass der Abschlussprüfer nicht zu prüfen hat, ob diese Angaben inhaltlich richtig und die einzelnen Angaben inhaltlich vollständig sind (materielle Vollständigkeit), ob der Vergütungsbericht angemessen dargestellt wurde oder ob er personenbezogene Daten nach § 162 Abs. 5 AktG enthält. Der IDW PS 870 Tz. 23 ff. regelt den Umgang des Prüfers mit tatsächlichen und vermuteten irreführenden Darstellungen im Vergütungsbericht und erweitert die Aufgaben des Abschlussprüfers um eine inhaltliche Befassung der Angaben im Vergütungsbericht. So hat der Prüfer beim Lesen des Vergütungsberichts für Anzeichen aufmerksam zu bleiben, ob der Vergütungsbericht irreführende Darstellungen in Bezug auf die inhaltliche Richtigkeit der Angaben, die inhaltliche Vollständigkeit der einzelnen Angaben (materielle Vollständigkeit) und die angemessene Darstellung des Vergütungsberichts enthält. In dem Falle, dass der Prüfer aufgrund seiner Erkenntnisse aus der Abschlussprüfung zum Schluss kommt, dass eine oder mehrere irreführende Darstellung(en) in Bezug auf die inhaltliche Richtigkeit der Angaben, die inhaltliche Vollständigkeit der einzelnen Angaben (materielle Vollständigkeit) oder die angemessene Darstellung des Vergütungsberichts vorliegt, hat er den Sachverhalt mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat zu besprechen und den Vorstand und den Aufsichtsrat bei Bedarf aufzufordern, den Vergütungsbericht zu korrigieren.
Darüber hinaus dürfen berichtspflichtige Gesellschaften aber freiwillig eine inhaltliche Prüfung des Vergütungsberichts durch den Abschlussprüfer veranlassen. Die (Konzern-)Anhangangaben zu den Gesamtbezügen der aktuellen und früheren Organvertreter nach § 285 Nr. 9 HGB bzw. § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB sind weiterhin nach § 316 Abs. 1 HGB i. V. m. § 317 Abs. 1 HGB Gegenstand der Abschlussprüfung. Da die Berichterstattung über die Organvergütung vollständig aus dem (Konzern-)Lagebericht entfernt wurde, entfällt entsprechend auch die Prüfung der (Konzern-)Lageberichtsangaben und die hiermit zusammenhängende "Einklangprüfung". Diese besondere Art der Prüfung wird in der Literatur und Praxis kritisiert. Wirtschaftsprüfer dürfen ohnehin nicht wissentlich mit irreführenden Darstellungen in Verbindung gebracht werden. Vermutete irreführende Darstellungen lösen deshalb weiterführende Untersuchungshandlungen und bei Verweigerung einer Korrektur irreführender Darstellungen ggf. eine Eskalierung aus.
Rz. 20
Nach § 289f Abs. 2 Nr. 1a HGB hat die (Konzern-)Erklärung zur Unternehmensführung u. a. eine Bezugnahme auf die Internetseite der Gesellschaft zu enthalten, auf der der Vergütungsbericht nach § 162 AktG veröffentlicht wurde. Der Vergütungsbericht erfüllt somit die Definition der sog. "sonstigen Informationen" (other information) des IAASB (International Auditing and Assurance Standards Board). Der IAASB fungiert als international besetztes privatwirtschaftliches Gremium als Standardsetter im Bereich der Wirtschaftsprüfung und entwickelt insbesondere international anerkannte berufsständische Vorgaben zur Abschlussprüfung. Nach Definition des IAASB sind "sonstige Informationen" finanzielle und nichtfinanzielle Informationen, die zusammen mit dem zu prüfenden ...