ESG-Reporting: Fragen der Abschlussprüfer

Die Corporate Sustainability Reporting Directive erweitert den Kreis der Unternehmen, die über Nachhaltigkeitsthemen berichten müssen. Diese Nachhaltigkeitsinformationen sollen im Einklang mit den ESRS erstellt werden. Der Nachhaltigkeitsbericht wird verpflichtender Teil des (Konzern-) Lageberichts und unterliegt einer inhaltlichen Prüfung. Diese soll eine Vorbehaltsaufgabe der Wirtschaftsprüfer werden. Wie die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfern gelingt, zeigt dieser Beitrag.

Welche Formen der Prüfung gibt es und wo liegen die Unterschiede?

Das Bundesministerium der Justiz sieht vor, dass zukünftig Wirtschaftsprüfer die Rolle der Prüfinstanz übernehmen sollen. Dabei besteht die Möglichkeit für den Nachhaltigkeitsbericht, einen anderen Abschlussprüfer als den der Finanzberichterstattung zu bestellen.

Für die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts wurde ein Übergangszeitraum festgelegt. Zunächst erfolgt diese in Form einer Prüfung mit begrenzter Sicherheit (sogenannte „limited assurance“), welche mittelfristig auf eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit (sogenannte  „reasonable assurance“) auszuweiten ist.

Bei einer Prüfung mit begrenzter Sicherheit wird vor allem das Augenmerk auf die Plausibilität der im Nachhaltigkeitsbericht aufgeführten Informationen gelegt. Beginnend mit einem Verständnis von den Prozessen hinsichtlich Datenerhebung, gegebenenfalls Datenkonsolidierung sowie dem nachhaltigkeitsbezogenen internen Kontrollsystem liegt die Prüfungstiefe für weitere Prüfungshandlungen im Ermessen des Abschlussprüfers. Die Richtig- und Vollständigkeit der Daten kann sowohl durch Befragungen als auch durch Vorjahresvergleiche und/oder einzelne Stichproben geprüft werden.

Die Prüfung mit hinreichender Sicherheit ist den Unternehmen bereits durch die Prüfung des Jahres-/Konzernabschlusses bekannt; ähnlich wird dies auch für den Nachhaltigkeitsbericht ablaufen. Zusätzlich wird eine Wirksamkeitsprüfung der oben genannten Prozesse, dem internen Kontrollsystem und gegebenenfalls der IT notwendig. Auch wird der Umfang von einzelnen Prüfungshandlungen deutlich ausgeweitet.

Empfehlungen für die Wesentlichkeitsanalyse und das Reporting

Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) wurden im Dezember 2023 im EU-Amtsblatt veröffentlicht (Richtlinie 2023/2772). Mithilfe der doppelten Wesentlichkeit ermittelt das Unternehmen, welche Nachhaltigkeitsinformationen als wesentlich einzustufen sind und dementsprechend im Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht werden müssen. Im ESRS 1 finden sich konkrete Vorgaben zur doppelten Wesentlichkeit. Als Unterstützung dient zusätzlich der Entwurf der sogenannten Implementation Guidance 1 - Materiality Assessment.  

Die Wesentlichkeitsanalyse findet sich an mehreren Stellen wieder – bei der Bearbeitung der sogenannten Longlist aus dem ESRS 1 AR 16 (welche Themen/Unterthemen/Unter-Unterthemen sind relevant) bis hin zu der Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen einzelne Angabepflichten sowie Datenpunkte auszuschließen. Die einzelnen Entscheidungen sollten immer mit Bedacht getroffen und nachvollziehbar begründet und dokumentiert werden.

Fragen, die der Abschlussprüfer im Rahmen der Prüfung der Wesentlichkeitsanalyse stellen könnte:

  • Wurde die Longlist erörtert und bei Ausschluss von einzelnen Themen dies begründet? Wurde diskutiert, ob weitere unternehmens- oder branchenspezifische Themen existieren?
  • Wie wurden Stakeholder involviert? Welche Qualität hat die Form der Einbeziehung der Stakeholder (intern vs. extern)?
  • Sofern es sich um einen Konzernnachhaltigkeitsbericht handelt: Wie wurden Tochtergesellschaften in den Prozess der Wesentlichkeitsanalyse einbezogen?
  • Wie wurden qualitative oder quantitative Schwellenwerte festgelegt? Welche Benchmarks wurden hierfür genutzt? Passen die Schwellenwerte zu der operativen und tatsächlichen Steuerung des Unternehmens?
  • Sind die identifizierten Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) richtig und vollständig?
  • Wurde bei der Bewertung der IROs die vorgeschriebenen Kriterien (Ausmaß, Umfang, Unabänderlichkeit sowie die Eintrittswahrscheinlichkeit) jeweils in der richtigen Konstellation herangezogen und ausreichend begründet?
  • Welche themenspezifischen Datenpunkte wurden mit welcher Begründung als unwesentlich eingestuft?
  • Gibt es bereits interne Kontrollen im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse?
  • Mit welchem Tool wurde die Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt? Liegt für diese Software ein PS 880 Zertifikat vor? Dabei sollte gewährleistet sein, dass es neben den GoBD-Anforderungen auch die Kriterien der ESRS abdeckt. Ist dies nicht der Fall, werden weitere Prüfungshandlungen dahingehend notwendig.

Fragen, die der Abschlussprüfer im Rahmen der Prüfung der Prozesse zur Datenerhebung und gegebenenfalls Datenkonsolidierung, vor allem für die Leistungsindikatoren, stellen könnte:

  • Wie erfolgte die Datenerhebung und gegebenenfalls die Datenkonsolidierung, inklusive der genutzten IT-Systeme?
  • Entsprechen die Berechnungen der Leistungsindikatoren den Vorgaben in den ESRS? Im Falle eines Konzernnachhaltigkeitsberichts: Wurden die Vorgaben von allen Tochtergesellschaften eingehalten?
  • Wie werden seitens des Unternehmens die Vollständigkeit und Richtigkeit der Daten sichergestellt? Welche Kontrollen existieren bereits?

Fragen, die der Abschlussprüfer im Rahmen der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts stellen könnte:

  • Wurden die Vorschriften in Bezug auf den Aufbau und die Struktur eingehalten?
  • Wurden die allgemeinen Angaben des ESRS 2 erfüllt (zum Beispiel Einbeziehung der nachhaltigkeitsbezogenen Leistung in Anreizsysteme)?
  • Passt das Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse auch zum Nachhaltigkeitsbericht? Das heißt, finden sich alle wesentlichen Datenpunkte im Nachhaltigkeitsbericht wieder?
  • Erfüllen die Nachhaltigkeitsinformationen die qualitativen Anforderungen aus dem ESRS 1, beispielsweise Relevanz, wahrheitsgetreue Darstellung oder Vergleichbarkeit?
  • Wurden die allgemeinen Anforderungen für den Lagebericht nach DRS 20 eingehalten (zum Beispiel Verlässlichkeit und Ausgewogenheit oder Klarheit und Übersichtlichkeit)?

Wie gelingt eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsprüfer?

Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und dem Wirtschaftsprüfer beziehungsweise dem Prüfungsteam ist ein respektvoller und konstruktiver Umgang miteinander.

Sowohl für die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts durch die Unternehmen als auch für die Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer bedarf es spezifischem Fachwissen. Dieses ist zunächst auf beiden Seiten aufzubauen. Dabei können Unternehmen zum Beispiel auf Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer, auf das Know-how im eigenen Netzwerk zurückgreifen. Das Angebot an Schulungen und Weiterbildung im Bereich ESG wird stetig ausgebaut.

Der Abschlussprüfer weiß eine ausgeprägte Kommunikation während der gesamten Prüfung zu schätzen. Gerade bei Unsicherheiten oder Zweifelsfragen empfiehlt es sich, diese Problematiken mit dem Abschlussprüfer frühzeitig zu besprechen, um Mehrarbeiten im Verlauf der Prüfung für beide Parteien zu vermeiden.

Standards zur Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung

Wirtschaftsprüfer können sich derzeit bei der Prüfung der nicht finanziellen Berichterstattung außerhalb der Abschlussprüfung als sogenannte sonstige betriebswirtschaftliche Prüfung an den IDW EPS 990 (11.2022) und den IDW EPS 991 (11.2022) orientieren, Grundlage für beide Entwürfe war der internationale Standard ISAE 3000 (Revised). Handelt es sich um die Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung im Rahmen der Abschlussprüfung, konkretisiert der IDW EPS 352 als Ergänzung zum IDW PS 350 n.F. die Prüfung des Lageberichts. Es besteht die Empfehlung, die Entwürfe der Standards bereits vorzeitig anzuwenden.

Mitte 2023 veröffentlichte der IAASB einen Entwurf des Prüfungsstandards ED ISSA 5000. Dieser soll als globaler Standard für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten anerkannt werden und ist sowohl für Prüfungen mit begrenzter als auch hinreichender Sicherheit anwendbar. Der finale Entwurf soll bis Ende 2024 veröffentlicht werden.

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeitsberichterstattung, ESRS, CSRD