Leitsatz
1. Ist im Anschluss an eine LSt-Außenprüfung der Vorbehalt der Nachprüfung für die den Prüfungszeitraum betreffenden LSt-Anmeldungen aufgehoben, darf gegenüber dem Arbeitgeber ein neuer Haftungsbescheid nur unter den Voraussetzungen des § 173 Abs. 2 AO ergehen (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Der Beginn der Festsetzungsfrist für die LSt richtet sich nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO.
Normenkette
§ 170, § 173 Abs. 2, § 191 Abs. 3 AO
Sachverhalt
Die Klägerin, eine KG, betrieb einen Garten-, Landschafts- und Sportstättenbau. Zur Erledigung einzelner Aufträge setzte sie neben eigenen, fest angestellten Betriebsangehörigen selbstständige Landwirte (und deren Angehörige) ein. Bei den Landwirten handelte es sich um Mitglieder von landwirtschaftlichen Maschinenringen. Zwischen der Klägerin und diesen Mitgliedern wurden keine schriftlichen Arbeitsverträge geschlossen und u.a. keine festen Arbeitszeiten vereinbart. Die Vorarbeiter der einzelnen Arbeitsgruppen waren z.T. Angestellte der Klägerin, z.T. über den Maschinenring vermittelt. Die Bezahlung erfolgte direkt an die jeweiligen Landwirte nach Arbeitsstunden zu einem festgelegten Stundenlohn.
Diese Vorgänge wurden in LSt-Außenprüfungen, welche für die Zeit von 1987 bis 1997 bei der Klägerin durchgeführt wurden, sowie bei Betriebsprüfungen betreffend die Jahre 1986 bis 1990 und 1992 bis 1994 nicht aufgegriffen. Aufgrund der LSt-Außenprüfungen waren LSt-Haftungsbescheide gegen die Klägerin ergangen und der VdN hinsichtlich der geprüften Zeiträume aufgehoben worden.
Nach einer 1998 und 1999 bei der Klägerin durchgeführten Steuerfahndungsprüfung sah das FA die beschäftigten Maschinenringmitglieder als Arbeitnehmer der Klägerin an. Das FA nahm die Klägerin für nicht abgeführte LSt betr. die Jahre 1989 bis 1998 in Haftung.
Das FG hob den Haftungsbescheid für die Zeit von 1989 bis November 1992 wegen Festsetzungsverjährung auf. Im Übrigen wies es die Klage mit der Begründung ab, die durch den Maschinenring vermittelten Aushilfskräfte seien Arbeitnehmer der Klägerin gewesen. Für die LSt ab Dezember 1992 sei der Haftungsbescheid innerhalb der Festsetzungsfrist erlassen worden, da die verlängerte Festsetzungsfrist von fünf Jahren gem. § 169 Abs. 2 S. 2 AO gelte; denn der Komplementär und Geschäftsführer der Klägerin habe die LSt leichtfertig verkürzt. Durch den Beginn der Steuerfahndungsprüfung im Mai 1998 sei der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt gewesen.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung und wies die Revision der Klägerin wegen LSt-Haftung ab Dezember 1992 zurück. Das FG sei verfahrensfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Maschinenringmitglieder als Arbeitnehmer der Klägerin tätig geworden seien. Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Da eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege, gelte für die LSt als Erstschuld gem. § 169 Abs. 2 S. 2 AO eine Festsetzungsfrist von fünf Jahren. Diese habe für die Lohnzuflüsse von Dezember 1992 ebenso wie für diejenigen von Januar bis November 1993 jeweils mit Ablauf des Jahrs 1993 (§ 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO) begonnen und am 31.12.1998 geendet. Weil sich danach auch der Fristablauf für den Haftungsbescheid richtet, habe der Beginn der Steuerfahndungsprüfung im Mai 1998 den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 S. 1 AO gehemmt.
Hinweis
1. Das vorliegende Urteil enthält zunächst umfangreiche Ausführungen zum Arbeitnehmerbegriff, insbesondere zu der Frage, ob durch einen Maschinenring vermittelte Aushilfskräfte als Arbeitnehmer eines gewerblichen Gartenbaubetriebs anzusehen sind. Der BFH bekräftigt nochmals seine ständige Rechtsprechung, dass sich der steuerliche Begriff des Arbeitnehmers nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen lässt. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Ob jemand eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübt, ist deshalb im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Dabei sind die für und gegen ein Arbeits- bzw. Dienstverhältnis sprechenden Merkmale (vgl. hierzu die beispielhafte Zusammenstellung im BFH-Urteil vom 14.06.1985, VI R 150-152/82, BStBl II 1985, 661) im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz. Die vom FG getroffene Beurteilung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar, sofern sie verfahrensfehlerfrei durchgeführt wird.
2. Von großer Bedeutung sind auch die Ausführungen des BFH zum Verhältnis von LSt-Anmeldung und LSt-Haftung.
Eine LSt-Anmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) gleich (§ 168 S. 1 AO). Es handelt sich um einen zeitraumbezogenen Steuerbescheid, dessen Regelungsinhalt die Entrichtungsschuld des Arbeitgebers für den Anmeldungszeitraum ist und alle lohnsteuerrechtlich relevanten Vorgänge in diesem Zeitraum umfasst. Ist – wie im Besprechungsfall – im Anschluss an eine LSt-...