Leitsatz
1. Die allgemeine Steuervergünstigung des § 3 Nr. 4 GrEStG für Grundstückserwerbe durch den Ehegatten findet im Rahmen des § 6 GrEStG entsprechende Anwendung.
2. Überträgt ein Gesamthänder einen Anteil am Vermögen der erwerbenden Gesamthand auf eine Kapitalgesellschaft, liegt darin eine Verminderung des Anteils i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG.
3. Bei einer doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaft tritt eine Verminderung der Beteiligung des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG auch dann ein, wenn die Anteile der an der erwerbenden Gesamthand beteiligten anderen Gesamthand rechtsgeschäftlich oder durch Umwandlung auf eine Kapitalgesellschaft übertragen werden.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Nr. 4, § 6 Abs. 1, Abs. 3 GrEStG
Sachverhalt
Durch im Jahr 2004 geschlossenen Verschmelzungsvertrag wurde die grundbesitzende R-KG auf die Klägerin (eine GmbH & Co. KG) als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzen; die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erfolgte am 6.9.2004. Zu diesem Zeitpunkt war die A-KG an der Klägerin als Komplementärin mit 99,66 % und an der R-KG als Komplementärin mit 99,11 % beteiligt. Die restlichen Kommanditanteile an der Klägerin und an der R-KG hielt Z, der zu dieser Zeit bis zur Scheidung am 29.3.2006 der Ehemann von S war. Nach der Verschmelzung betrug der Kapitalanteil der A-KG an der Klägerin 99,39 % und der Kapitalanteil des Kommanditisten Z 0,61 %. An der A-KG waren bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags als Kommanditisten S mit 99,34 % und die J-KG, an der wiederum Z mittelbar beteiligt war, mit 0,66 % beteiligt.
Mit Wirkung zum 31.12.2005 schieden Z als Kommanditist der Klägerin und ferner die J-KG als Kommanditistin der A-KG aus. S gründete im Jahr 2006 als alleinige Gesellschafterin die B‐GmbH und übertrug auf diese mit Wirkung zum 1.7.2006 90 % ihres Kommanditanteils an der A-KG.
Das FA nahm an, dass für den infolge der Verschmelzung der R-KG auf die Klägerin erfolgten Eigentumsübergang der der R-KG gehörenden Grundstücke auf die Klägerin die Vergünstigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 GrEStG aufgrund des von S auf die B-GmbH übertragenen Kommanditanteils von 90 % an der A-KG gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG entfallen seien. Dementsprechend stellte das FA gegenüber der Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer auf den 6.9.2004 dahin gehend gesondert fest, dass der aufgrund der Verschmelzung eingetretene Rechtsträgerwechsel der Grundstücke der R-KG lediglich i.H.v. 10 % von der Grunderwerbsteuer befreit sei.
Das FG änderte den Bescheid über die gesonderte Feststellung dahin gehend, dass die Grunderwerbsteuerbegünstigung unter Berücksichtigung der Beteiligungen des Z bzw. der J-KG nur i.H.v. 88,4559 % entfallen ist. Im Übrigen wies das FG die Klage als unbegründet ab, weil die Anwendungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG erfüllt seien (FG München, Urteil vom 7.11.2012, 4 K 1322/09, Haufe-Index 3570497, EFG 2013, 391).
Entscheidung
Auch der BFH ist der Beurteilung des FG gefolgt und hat die Anwendung des § 6 Abs. 3 Saz 2 gebilligt.
Hinweis
Das Besprechungsurteil verdeutlicht die Gefahr eines möglichen Verlusts der Steuervergünstigung aus § 6 GrEStG, wenn es bei einer grundstücksbesitzenden Gesamthand zu mehrfachen Umstrukturierungen kommt.
1. Die Verschmelzung einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer und ist bei völliger Beteiligungsidentität der Gesellschafter der beteiligten Personengesellschaften in vollem Umfang nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Dabei ist bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft auf die am Vermögen der Gesamthand Beteiligten (und nicht auf die beteiligte Gesamthand selbst) abzustellen.
Im Rahmen des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 GrEStG findet auch die allgemeine Steuervergünstigung des § 3 Nr. 4 GrEStG für Grundstückserwerbe durch den Ehegatten entsprechende Anwendung. Grunderwerbsteuerfrei sind daher auch verschmelzungsbedingte Änderungen der Beteiligungsverhältnisse zwischen Ehegatten, die an der übertragenden und der aufnehmenden Personengesellschaft beteiligt sind.
2. Ein besonderes Augenmerk muss die Gestaltungspraxis auf die Gefahr richten, die der Vergünstigung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 GrEStG durch die Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG droht: Kommt es innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks von der einen auf die andere Gesamthand zu einer Verminderung des Anteils des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand, so ist die Grunderwerbsteuer für den ursprünglichen Erwerbsvorgang abweichend von § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG zu erheben. Eine Verminderung des Anteils tritt ein, wenn der Gesamthänder seine dingliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen verliert oder sich seine vermögensmäßige Teilhabe vermindert. Eine solche Verminderung der Beteiligung ergibt sich auch, wenn der...