Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
Verluste des nicht nach außen auftretenden Gesellschafters einer BGB-Innengesellschaft, die zu einem negativen Kapitalkonto geführt haben, sind nicht ausgleichsfähig, sondern nur nach § 15a EStG verrechenbar. Das gilt auch dann, wenn sich der Gesellschafter gegenüber dem tätigen Gesellschafter zum Verlustausgleich verpflichtet hat.
Normenkette
§ 15a Abs. 1, 4 und 5 Nr. 1 und 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, die beigeladenen L und P schlossen 1991 eine BGB-Innengesellschaft. L verpflichtete sich, eine Agentur zu betreiben. P stellte dafür ein unverzinsliches Darlehen zur Verfügung. L war im Innenverhältnis von der Haftung und der Teilnahme am Verlust der Agentur freigestellt. Den Verlust trugen der Kläger zu 1€3 und P zu 2€3. Am Gewinn waren L und der Kläger zu je 50 % und P nicht beteiligt.
Die Agentur erwirtschaftete im Streitjahr 1991 einen Verlust von rd. 80 000 DM. Der Betrieb wurde 1992 eingestellt. Das FA verteilte den Verlust 1991 (Streitjahr) mit rd. 21 000 DM auf L und mit rd. 59 000 DM auf den Kläger; P sah es nicht als Mitunternehmer an und erließ dementsprechend diesem gegenüber einen negativen Feststellungsbescheid, der bestandskräftig wurde.
Die Verlustanteile für den Kläger stellte das FA nach § 15a Abs. 4 EStG als lediglich verrechenbar fest. Klage und Revision des Klägers blieben erfolglos.
Entscheidung
Die für den Kommanditisten anzuwendenden Regelungen des § 15a EStG gälten sinngemäß für den Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft (§ 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG). Sie gälten auch sinngemäß für den Gesellschafter einer GbR, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sei, soweit die Inanspruchnahme des Gesellschafters für Schulden im Zusammenhang mit dem Betrieb durch Vertrag ausgeschlossen oder nach Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich sei (§ 15a Abs. 5 Nr. 2 EStG).
Im Streitfall ergebe sich die beschränkte Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit der Verlustanteile des Klägers aus § 15a Abs. 5 Nr. 2 EStG. § 15a EStG sei auch bei BGB-Innengesellschaften zu beachten. Dies folge aus der Absicht des Gesetzgebers, die für die KG geltenden Ausgleichsbeschränkungen auch auf die GbR auszudehnen, um ein missbräuchliches Ausweichen auf diese Gesellschaften als Abschreibungsmodell zu verhindern.
Die Verlustanteile seien hier auch nicht deshalb ausgleichs- oder abzugsfähig, weil sich der Kläger gegenüber L verpflichtet gehabt habe, zusammen mit P die Verluste der Agentur zu übernehmen. Ein über den Verlust der Einlage hinaus gehender erweiterter Verlustausgleich hänge nach der in § 15a EStG getroffenen Regelung davon ab, ob der Gesellschafter nach außen gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft hafte (BFH, Urteil vom 18.8.1992, VIII R 32/91, DB 1993, 617).
Hinweis
1. Die Entscheidung folgt der Linie der bisherigen Rechtsprechung des BFH. Dieser hat schon früher im Einklang mit der h.M. im Schrifttum (vgl. z.B. Schmidt, EStG, 20. Auflage, § 15a Rz. 201; v. Beckerath in Kirchhof/Söhn, EStG, § 15a Rz. F 17 und F 104) und der Rechtsprechung der Finanzgerichte (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 28.8.1996, 16 K 5456/91 E, EFG 1997, 340; FG München, Urteil vom 22.4.1998, 1 K 84/96, EFG 1998, 1262) entschieden, dass § 15a EStG auch bei BGB-Innengesellschaften anzuwenden sei (vgl. BFH, Urteil vom 18.8.1992, VIII R 32/91, DB 1993, 617). Dies trägt dem Grundgedanken des § 15a EStG Rechnung.
Danach sollen Verluste nicht ausgeglichen werden, die keine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellen, weil sie weder zum Verlust von Kapital führen noch im Hinblick auf eine Haftung von Bedeutung sind. Das gilt für alle Mitunternehmer, die einer beschränkten oder – wie bei einer Innengesellschaft – keiner (Außen-)Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft bzw. gegenüber dem tätigen Gesellschafter unterliegen. Dementsprechend bezieht § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG mit der atypisch stillen Gesellschaft auch eine Innengesellschaft in den Anwendungsbereich der Vorschrift ein, bei der für den stillen Gesellschafter eine Außenhaftung nicht begründet wird.
2. Die interne Verpflichtung des Kommanditisten oder atypisch stillen Gesellschafters gegenüber den Mitgesellschaftern, die Verluste des Unternehmens zu übernehmen, führt nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BFH nicht zur sofortigen Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit der auf ihn entfallenden Verlustanteile (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 13.11.1997, IV B 119/96, BStBl II 1998, 209, betr. Kommanditist; BFH, Urteil vom 14.12.1995, IV R 106/94, BStBl II 1996, 226, betr. stillen Gesellschafter). Nichts anderes kann für die hier zu beurteilende interne Verpflichtung zur Verlustübernahme durch einen BGB-Innengesellschafter gelten (BFH, Urteil vom 18.8.1992, VIII R 32/91, DB 1993, 617).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.7.2001, VIII R 45/98