Wie beim Verlustausgleich ist die Verlustverrechnung mit Verlusten aus Einkunftsarten, die einer besonderen Verlustverrechnungsbeschränkung unterliegen, nur begrenzt zulässig.[1] Es ist zu unterscheiden zwischen dem Verlustrücktrag[2] in den vorangegangenen VZ (ab VZ 2022 in die beiden vorangegangenen VZ) und dem Verlustvortrag[3] in nachfolgende VZ. Dabei hat der Verlustrücktrag Vorrang vor dem Verlustvortrag.

Nicht ausgeglichene Verluste sind "vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen".[4] Der Verlustabzug erfolgt also nach der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (Berechnungsschema in R 2 Abs. 1 EStR). Dadurch können alle weiteren Abzüge des betreffenden Abzugsjahres, wie z. B. Sonderausgaben, endgültig verloren gehen. Die Vorrangigkeit des Verlustabzugs begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.[5] Durch eine geeignete Antragstellung lässt sich eine solche Folge bis einschließlich VZ 2021 beim Verlustrücktrag vermeiden.

Die Berechtigung zur Vornahme des Verlustabzugs liegt bei demjenigen Steuerpflichtigen, der den Verlust erzielt hat. Das gilt auch im Fall von Personengesellschaften oder -gemeinschaften.[6]

4.1 Verlustabzug bei Unterbrechung der (un)beschränkten Steuerpflicht

Steuerpflichtigen, die weder unbeschränkt noch beschränkt einkommensteuerpflichtig sind, steht der Verlustabzug in den betreffenden VZ nicht zur Verfügung. Werden sie in späteren Jahren wieder unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig und erzielen positive Einkünfte, lebt die Abzugsmöglichkeit wieder auf. Hierzu enthalten die EStR eine Regelung, wonach die auf den Schluss eines – vorangegangenen – VZ gesondert festgestellten Verluste eines (un)beschränkt Steuerpflichtigen nach mehreren VZ, in denen er weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig war, mit positiven Einkünften, die er nach erneuter Begründung der Einkommensteuerpflicht erzielt, verrechnet werden können. Es kommt nicht darauf an, dass für die Jahre, in denen für den Steuerpflichtigen keine (un)beschränkte Steuerpflicht bestand, eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags durchgeführt worden ist. Vielmehr ist das "Folgejahr", für das der Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid dient, derjenige VZ, in dem erstmals wieder die rechtlichen Voraussetzungen für einen Verlustabzug nach § 10d Abs. 2 EStG – hier: die (un)beschränkte Einkommensteuerpflicht – vorliegen.[1]

 
Wichtig

Zwischenzeitliche Änderungen

Um zu vermeiden, dass sich negative Einkünfte oder Verluste mehrfach auswirken, ist zu prüfen, ob zwischenzeitlich tatsächliche oder rechtliche Änderungen in Bezug auf die festgestellten Verlustbeträge eingetreten sind und ob sie möglicherweise im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen steuerlich berücksichtigt worden sind.

 
Praxis-Beispiel

Verlustabzug nach Unterbrechung der unbeschränkten Steuerpflicht

Bis einschließlich 2019 war H unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Auf den Schluss des VZ 2019 hat das Finanzamt einen verbleibenden Verlustabzug nach § 10d Abs. 4 EStG festgestellt. In den Jahren 2020 bis 2022 war H weder unbeschränkt noch beschränkt einkommensteuerpflichtig. 2023 kehrt er ins Inland zurück und erzielt positive Einkünfte. Das Jahr 2023 ist für die Anwendung der Regelung des § 10d Abs. 2 EStG das erste Folgejahr, in dem die für 2019 festgestellten verbleibenden Verlustbeträge abgezogen werden können.

4.2 Verlustverrechnung im Erbfall

4.2.1 Grundsatz

Mit dem Tod einer Person (Erblasser) erlischt deren Einkommensteuerpflicht. Der letztmalig durchzuführenden Veranlagung wird das vom Jahresbeginn bis zum Tod bezogene Einkommen zugrunde gelegt (abgekürzter Erhebungszeitraum). Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustausgleich oder Verlustabzug grundsätzlich nicht bei seiner eigenen Veranlagung geltend machen[1], wenn der Erbe den Verlust wirtschaftlich nicht selbst getragen hat. Für die Annahme einer wirtschaftlichen Belastung reicht es nicht aus, dass dem Erben aufgrund des Verlustes des Erblassers ein geringeres Vermögen zufällt.[2] Auch ein Verlustausgleich mit positiven Einkünften des Erben ist – abgesehen von zusammen veranlagten Ehegatten oder Lebenspartnern[3] – nicht möglich. In seltenen und extrem gelagerten Konstellationen kann eine auf den entsprechenden Einzelfall bezogene abweichende Steuerfestsetzung[4] oder ein Steuererlass[5] in Betracht kommen.[6]

 
Hinweis

Wirtschaftliche Belastung des Erben

Den Verlust "wirklich tragen" oder durch ihn "wirtschaftlich belastet" zu sein, bedeutet, dass der Erbe aufgrund der Verluste des Erblassers wirtschaftlich ...

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