Leitsatz

Die Parteien einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge, die im Rahmen eines Altenteilsvertrags i.S.d. landesrechtlichen Ausführungsgesetze zum BGB oder eines diesem vergleichbaren Versorgungsvertrags zunächst die Nichtabänderbarkeit der Leistungen und damit eine Leibrente vereinbart haben, können im Nachhinein mit Wirkung für die Zukunft die Abänderbarkeit der Leistungen vereinbaren und damit die Leibrente in eine dauernde Last umwandeln.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG , § 12 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, den er von seinem Vater im Weg der vorweggenommenen Erbfolge übernommen hatte. Im Übergabevertrag aus dem Jahr 1975 verpflichtete sich der Kläger, seinen Eltern ein lebenslängliches Altenteil zu gewähren. Dieses umfasste u.a. eine wertgesicherte lebenslängliche monatliche Leibrente i.H.v. 2.000 DM. Die Vertragsparteien verzichteten ausdrücklich auf eine Abänderbarkeit gem. § 323 ZPO. Ferner verpflichtete sich der Kläger, die Kosten für Wasser, Strom, Heizung, Instandhaltungsarbeiten und Schönheitsreparaturen am Einfamilienhaus der Eltern zu tragen sowie zu weiteren Leistungen an seine Eltern.

Mit notariellem Vertrag vereinbarte der Kläger im Streitjahr 1989 mit seinen Eltern zur Höhe des "Baraltenteils", dass die Leibrente fortan unter dem Vorbehalt der Abänderbarkeit gem. § 323 ZPO stehe. Der Kläger machte seither die entsprechenden wiederkehrenden Zahlungen an die Eltern nicht mehr nur – wie bisher – mit dem Ertragsanteil, sondern in vollem Umfang als Sonderausgaben geltend.

Das FA ließ dagegen nur den Ertragsanteil zum Abzug zu. Das FG wies die Klage ab (EFG 1999, 160). Die Revision des Klägers hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Der von den Vertragsparteien abgeschlossene Altenteilsvertrag sei in Bezug auf die dort vereinbarten Versorgungsleistungen nach seiner Rechtsnatur grundsätzlich abänderbar. Dieser steuerrechtliche Regelsachverhalt sei bezüglich der Rentenzahlungen zunächst nur deshalb nicht gegeben gewesen, weil die Vertragspartner seinerzeit (1975) die Abänderbarkeit der baren wiederkehrenden Leistungen ausdrücklich ausgeschlossen hätten. Es könne dahinstehen, ob diese Leistungen gleichwohl deswegen als dauernde Last abziehbar seien, weil sie integraler Bestandteil eines den Typus "Altenteil" konstituierenden Bündels verschiedenartiger Leistungen seien, die in ihrer Gesamtheit abänderbar seien. Dies vorausgesetzt, sei es den Vertragspartnern möglich, mit Wirkung für die Zukunft eine Leibrente in eine dauernde Last umzuwandeln.

 

Hinweis

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG sind als Sonderausgaben abziehbar die "auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben". Während die dauernden Lasten in vollem Umfang als Sonderausgaben abgezogen werden können, sieht § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG bei Leibrenten eine Begrenzung des Sonderausgabenabzugs auf den Ertragsanteil vor. Damit korrespondierend muss der Empfänger der wiederkehrenden Bezüge nach § 22 Nr. 1 EStG genau diejenigen Beträge versteuern, welche der Verpflichtete als Sonderausgaben abziehen kann.

Dauernde Lasten unterscheiden sich von den Leibrenten vor allem dadurch, dass sie gem. § 323 ZPO bei einer sich wandelnden Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder Bedürftigkeit des Berechtigten abänderbar sind. Demgegenüber zeichnen sich Leibrenten dadurch aus, dass sie – abgesehen von dem Wirksamwerden einer etwaigen (zumeist an den Lebenshaltungskostenindex gekoppelten) Wertsicherungsklausel – der Höhe nach gleich bleiben.

Im vorliegenden Fall hatten der Vater (Hofübergeber) und der Kläger (Sohn, Hofübernehmer) einen Altenteilsvertrag i.S.d. AG BGB Schleswig-Holstein geschlossen. Es liegt in der Rechtsnatur eines solchen Versorgungsvertrags, dass die Vertragspartner auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren können sollen. Unbeschadet dessen bleibt es ihnen aber freigestellt, hinsichtlich der "Barkomponente" der Altenteilsleistungen statt einer gem. § 323 ZPO abänderbaren, beim Vermögensübernehmer in vollem Umfang nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbaren dauernden Last eine nicht nach diesen Grundsätzen abänderbare (ggf. mit einer Wertsicherungsklausel versehene) und lediglich mit dem sog. Ertragsanteil abziehbare Leibrente zu vereinbaren (vgl. BFH, Beschluss vom 15.7.1991, GrS 1/90, BStBl II 1992, 78).

Gleichwohl sind die Vertragsbeteiligten an die einmal getroffene Vereinbarung einer (nicht abänderbaren) Leibrente nicht für alle Zeit gebunden. Zu Recht gesteht ihnen das Besprechungsurteil das – auch (ertrag-)steuerrechtlich zu respektierende – Recht zu, die einmal getroffene Wahl zugunsten einer Leibrente für die Zukunft zu revidieren und eine (nach § 323 ZPO abänderbare) dauernde Last zu vereinbaren. Entsprechendes sollte nach meinem Dafürhalten auch für den umgekehrten Weg (von der dauernden Last zur Leibrente) gelten.

 

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BF...

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