Leitsatz
Wird nach einer Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen das übergebene Wirtschaftsgut vom Übernehmer veräußert, können die wiederkehrenden Leistungen nur dann weiter als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Ertragsprognose hinsichtlich der Verwendung des Veräußerungserlöses vorgelegen hat.
Sachverhalt
Ein Zweifamilienhaus wurde im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge von der Mutter zu gleichen Teilen auf die drei Kinder gegen Zahlung einer monatlichen Versorgungsleistung übertragen. Die Geschwister veräußerten das erhaltene Grundstück im Folgejahr und legten den Veräußerungserlös als langfristiges Termingeld an.
Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen zunächst als dauernde Last bei den Sonderausgaben bis es Kenntnis von der Veräußerung des Grundstücks erlangte. Danach wurden die Zahlungen als Unterhaltsleistungen eingestuft und der Sonderausgabenabzug versagt. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Entscheidung
Nach Auffassung des Gerichts wurde der Abzug als Versorgungsleistungen zu Recht versagt. Ein Sonderausgabenabzug ist nur möglich, wenn die wiederkehrenden Leistungen aus dem Ertrag des übergebenen Vermögens erbracht werden. Wird das im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übertragene Vermögen vom Übernehmer veräußert, sind die wiederkehrenden Leistungen ab dem Zeitpunkt der Veräußerung als Unterhaltsleistungen einzuordnen und der Sonderausgabenabzug entfällt. Der große Senat des BFH sieht eine Ausnahme in den Fällen, in denen sich der Übernehmer im Übergabevertrag verpflichtet, ertragloses Vermögen in ertragbringendes Vermögen umzuschichten. Das gleiche gilt nach den Folgerungen des Gerichts auch für Gestaltungen, bei denen eine Umschichtung von weniger ertragbringendem in ertragbringendes Vermögen erfolgt. Da aber weiterhin Voraussetzung für den Abzug von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben ist, dass die erzielbaren Nettoerträge ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen, kommt der in diesem Zusammenhang zu erstellenden Ertragsprognose eine besondere Bedeutung zu. Die Ertragsprognose ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse bei Vertragsabschluss anzufertigen, wobei die erwirtschafteten Überschüsse der Vergangenheit eine wichtige Rolle spielen. Stellt sich eine Prognose als falsch heraus, darf das nicht dazu führen, dass nachträglich eine andere Beurteilung vorgenommen wird. Eine solche Ertragsprognose lässt sich nach Ansicht des Gerichts aber nicht erstellen, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch offen ist, was mit dem übergebenen Vermögen in der Folge geschehen soll. Somit ist maßgeblich auf die Verhältnisse bei Vertragsabschluss abzustellen.
Hinweis
Die Revision wurde vom Gericht zugelassen. Die Frage, ob über den Fall einer Verpflichtung im Übergabevertrag zur Umschichtung des Vermögens hinaus auch die Umschichtung von ertragbringendem Vermögen in anderes ertragbringendes Vermögen unschädlich ist, wurde vom Großen Senat im Beschluss vom 12.5.2003 (GrS 1/00, BStBl 2004 II S. 95) ausdrücklich offen gelassen. Die Verwaltung hat diese Frage nun mit BMF- Schreiben vom 16.9.2004 bei einer zeitnahen Reinvestition bejaht (DStR 2004 S. 1696, Rz. 31).
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.04.2004, 6 K 1434/02