Leitsatz
1. Die Zusage einer Witwenrente an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH rechtfertigt regelmäßig die Annahme einer vGA, wenn der Begünstigte im Zusagezeitpunkt das 65. Lebensjahr überschritten hat. Eine Anstellung des Geschäftsführers "auf Lebenszeit" ändert daran nichts.
2. Handelt es sich bei der zugesagten Witwenversorgung um eine sog. Alt-Zusage, die vor dem 01.01.1987 erteilt wurde, und hat die GmbH in der Vergangenheit von ihrem dafür bestehenden Bilanzierungswahlrecht Gebrauch gemacht und keine Pensionsrückstellung für die Versorgungsanwartschaft gebildet, stellen mangels vorheriger Vermögensminderung erst die Witwenrenten in den jeweiligen späteren Auszahlungszeitpunkten nach dem Tod des Gesellschafter-Geschäftsführer vGA dar.
3. Die vGA in Gestalt der Witwenrente ist objektiv geeignet, eine nachträgliche Kapitaleinkunft i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG als Voraussetzung einer vGA bei der GmbH auszulösen, sei es bei dem nunmehrigen Gesellschafter, sei es bei der Witwe selbst oder sei dies auch bei einer dritten Person als Erben.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Sachverhalt
Alleiniger Gesellschafter der Klägerin, einer 1985 gegründeten GmbH, war ursprünglich der am 23.09.1919 geborene HW. Zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern wurden HW sowie sein Sohn SW bestellt. SW erwarb im August 1985 den Geschäftsanteil des HW.
Im Januar 1985 schloss die Klägerin mit HW auf dessen Lebenszeit einen Geschäftsführeranstellungsvertrag. Neben einem Bruttogehalt wurde vereinbart, dass im Fall des Todes des Geschäftsführers dessen überlebende Witwe nach einer dreimonatigen Gehaltsfortzahlung bis an ihr Lebensende monatliche Versorgungsbezüge i.H.v. 11/20 der zuletzt gezahlten Monatsbezüge des Geschäftsführers erhält.
Im April 1993 verstarb HW. Die Klägerin hatte keine Pensionsrückstellungen gebildet, sondern die seit 1993 an die Witwe geleisteten Pensionszahlungen als sofort abzugsfähige BA behandelt.
Das FA hatte dies in der Vergangenheit hingenommen. Nach Durchführung einer Außenprüfung sah es jedoch in den Streitjahren 1999 bis 2003 in den Pensionszahlungen vGA.
Die anschließende Klage blieb erfolglos (FG Hamburg, Urteil vom 23.05.2008, 2 K 15/07, Haufe-Index 2025650, EFG 2008, 1911).
Entscheidung
Auch der BFH bejahte das Vorliegen einer vGA. Er bemühte dafür die Sterbetabelle des Statistischen Bundesamts, wonach dem Gesellschafter-Geschäftsführer im Zusagezeitpunkt zwar noch rund 13 Lebensjahre prognostiziert wurden. Dennoch hätte sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht auf eine Witwenversorgung und ebenso wenig auf eine Anstellung auf Lebenszeit eingelassen.
Hinweis
Es handelt sich vom Sachverhalt her um einen eher "besonderen" (und deshalb amtlich nicht veröffentlichten) Einzelfall, der aber doch einiges zu Verallgemeinerndes (und zugleich Bestätigendes) zur vGA im Zusammenhang mit Pensionszusagen im Besonderen und zu vGA im Allgemeinen enthält:
1. Der Versorgungsanspruch muss vom Begünstigten, gerechnet vom Zeitpunkt der Zusage an, bei normalem Verlauf der Dinge während der voraussichtlich verbleibenden Dienstzeit noch erdient werden können.
Das ist vorrangig vom FG anhand aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Die Erdienbarkeit ist im Allgemeinen nicht anzunehmen, wenn die Zusage einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde, der im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatte, oder wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne liegt. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der Erteilung einer Pensionszusage abgesehen hätte. Es liegt deshalb dann regelmäßig eine vGA vor.
Diesem Prüfungsmuster lässt sich, das zeigt der Urteilsfall, nicht "trickreich" dadurch entgehen, dass man mit dem Begünstigten in hohem Alter eine Anstellung "auf Lebenszeit" vereinbart.
2. Die vGA spiegelt sich normalerweise in dem Betrag wider, der jährlich der Pensionsrückstellung gem. § 6a EStG zugeführt wird. Wird – aus welchen Gründen auch immer – keine Pensionsrückstellung gebildet, dann mindert sich das Vermögen der Kapitalgesellschaft nicht durch einen derartigen Zuführungsbetrag; die erforderliche Vermögensminderung tritt dann erst in der Leistungsphase in Gestalt der Versorgungsrente ein. Das kann beispielsweise der Fall sein, weil es sich um eine sog. Alt-Zusage handelt, die vor dem 01.01.1987 erteilt wurde (vgl. Art. 28 Abs. 1 EGHGB) und für die noch ein Passivierungswahlrecht besteht. Oder aber auch immer dann, wenn wegen eines "Mangels"; nach Maßgabe des § 6a Abs. 1 EStG eine Rückstellung steuerlich nicht gebildet werden darf. (Letzteres – z.B. mittels eines gem. § 6a Abs. 1 EStG rückstellungsfeindlichen Vorbehalts oder einer fehlenden schriftlichen Zusagedokumentation – kann übrigens ein interessanter "Kniff" sein, um die andernfalls drohende korrespondierende Abbildung der Pensionserwartung im Sonderbetri...