Leitsatz
Die reguläre, vierjährige Festsetzungsfrist verlängert sich bei der Haftung des Vertreters für Zinsen, die keine Hinterziehungszinsen sind, und für Säumniszuschläge nicht. Die Haftung des Steuerhinterziehers umfasst ausdrücklich nur die Haftung für verkürzte Steuern, Steuervorteile und Hinterziehungszinsen, nicht jedoch für Säumniszuschläge und Zinsen nach § 233a AO.
Sachverhalt
Der Antragsteller betrieb mit einem Dritten einen Gebrauchtwagenhandel, den seine Ehefrau zum 1. Oktober 1993 übernahm. Der Antragsteller war im Betrieb seiner Ehefrau als Angestellter tätig, bis dieser Ende Mai 1999 stillgelegt wurde. Nach Bp und steuerstrafrechtlicher Ermittlung wurde festgestellt, dass getätigte An- und Verkäufe von Kfz. nicht bzw. nicht zutreffend in der Buchführung berücksichtigt worden sind. Aufgrund dieser Feststellungen ergingen am 7.12.2000 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 1994 bis 1998, die bestandskräftig wurden. Nach Androhung und Festsetzung eines Zwangsgelds wegen einzureichender Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung für 1999 wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt, sodann der Umsatzsteuerbescheid für 1999 am 17.9.2001 erlassen und ein Verspätungszuschlag festgesetzt. Das Finanzamt erließ am 25.2.2004 einen Haftungsbescheid gegen den Antragsteller als faktischen Geschäftsführer wegen Umsatzsteuer 1994 bis 1999 nebst Zinsen nach § 233a AO und Säumniszuschläge sowie Verspätungszuschlag und Zwangsgeld. Gegen den Haftungsbescheid legte der Antragsteller Einspruch ein und erhob nach Einspruchsentscheidung Klage, über die noch nicht entschieden wurde. Der AdV-Antrag wurde vom Finanzamt abgelehnt und der Einspruch dagegen als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidung
Der AdV-Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO war teilweise begründet. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit seien nach Ansicht des erkennenden Senats nur hinsichtlich der Haftung für Zinsen nach § 233a AO und für Säumniszuschläge zu der Umsatzsteuer 1994 bis 1998 gegeben. Insoweit sei für die Haftung Festsetzungsverjährung nach § 191 Abs. 3 AO eingetreten. Für die Umsatzsteuer 1994 bis 1998 sei die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides bereits abgelaufen gewesen. Eine Ablaufhemmung nach § 191 Abs. 3 Satz 4 AO komme im Streitfall nicht zur Anwendung. Die Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 1994 bis 1998 seien am 7.12.2000 erlassen worden, so dass entsprechend § 171 Abs. 10 AO der Haftungsbescheid vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe der Änderungsbescheide hätte ergehen müssen. Tatsächlich sei der Haftungsbescheid aber erst am 25.2.2004, also zu spät, erlassen worden. Die streitigen Umsatzsteuerbeträge lägen zwar noch in der zehnjährigen Festsetzungsfrist für den Erlass des Haftungsbescheides bei Steuerhinterziehung nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO. Für diese Zeiträume komme jedoch keine Haftung für Zinsen nach § 233a AO und für die Säumniszuschläge nach § 240 AO in Betracht. Die Haftung nach § 71 AO umfasse ausdrücklich nur die Haftung für verkürzte Steuern, Steuervorteile und Hinterziehungszinsen nach § 235 AO. Im Übrigen sei es nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsteller für die Umsatzsteuer 1994 bis 1999 und die Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1999 sowie dem Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 1999 und dem Zwangsgeld hafte.
Hinweis
Die Beschwerde wurde wegen möglicher Divergenzentscheidungen zugelassen. Die Entscheidung des BFH vom 4. September 2002 (I B 145/01, BStBl 2003 II S. 223), der der erkennende Senat folgte, weicht möglicherweise von dem Beschluss des BFH vom 7.2.2002 (V B 86/01, BFH/NV 2002 S. 755) ab.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Beschluss vom 05.12.2005, 11 V 280/04