Leitsatz
Ein Wiederverkäufer kann nicht die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG bzw. Art. 26a der 6. EG-RL für die Weiterveräußerung eines Gegenstands beanspruchen, wenn er den Gegenstand von einem Unternehmer erworben hat, der für diese Lieferung zu Unrecht die Differenzbesteuerung angewendet hat.
Normenkette
§ 25a UStG 1993, Art. 26a der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin, Kfz-Händler, erwarb 216 ca. sechs Monate alte kleine Pkws mit geringer Fahrleistung, die ausweislich der Fahrzeugpapiere zuvor auf ausländische Mietwagenunternehmen zugelassen worden waren. Bei den Vorlieferern handelte es sich um Unternehmer, die in der Rechnung auf die "vorgenommene" Differenzbesteuerung hingewiesen hatten.
Die Klägerin beanspruchte die Differenzbesteuerung. Das lehnten FA und FG (FG Münster, Urteil vom 25.04.2007, 5 K 3443/04 U, Haufe-Index 1797020) ab.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg, denn alle Lieferer in der Lieferkette bis zur Klägerin waren zum Vorsteuerabzug und deshalb auch der Vorlieferant nicht zur Differenzbesteuerung berechtigt.
Von der Frage, ob beim Erwerb von einem anderen Unternehmer der Vorerwerb die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung erfüllt hat, zu unterscheiden ist die Frage, ob ein Unternehmer Vertrauensschutz beanspruchen könnte, wenn er auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, dass sein Vorlieferant die Differenzbesteuerung zu Unrecht beansprucht hat oder die berechtigte Inanspruchnahme der Differenzbesteuerung zu Unrecht behauptet hat. Darüber hat der BFH nicht entschieden, weil aufgrund der Kfz-Papiere für die Klägerin erkennbar war, dass die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung ihres Vorlieferanten nicht vorlagen.
Hinweis
1. Entscheidungserheblich im Besprechungsfall war die Frage, ob ein Unternehmer, der gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert (Wiederverkäufer i.S.d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG) die Differenzbesteuerung auch dann in Anspruch nehmen kann, wenn sein Vorlieferer zu Unrecht die Differenzbesteuerung vorgenommen hat. § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG setzt für die Berechtigung zur Differenzbesteuerung insoweit voraus, dass für die Lieferung an den Wiederverkäufer die "Differenzbesteuerung vorgenommen" wurde.
2. Nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG ist entscheidend, dass "die Differenzbesteuerung" (Legaldefinition Abs. 1 S. 1) "vorgenommen" wurde. Dies spricht gegen die Annahme, ob dies zu Recht oder zu Unrecht geschehe, sei unerheblich. Letzteres widerspräche dem Zweck der Regelung. Dadurch, dass nur der erwirtschaftete Mehrwert der Besteuerung unterworfen wird, sollen Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen bei der Lieferung von Gebrauchtgegenständen verhindert werden (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2005, C-280/04, Jyske Finans, BFH/NV Beilage 2006, 131, BFH/PR 2006, 75).
Ein Wettbewerbsverhältnis zur Lieferung durch Nichtunternehmer besteht bei einer Vorlieferung durch einen Unternehmer an den Wiederverkäufer nur, wenn für diese Lieferung USt nicht geschuldet wird (z.B. weil eine Steuerbefreiung eingreift) oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird oder wenn der Wiederverkäufer selbst den Gegenstand von einem Vorwiederverkäufer erwirbt und diese Lieferung tatsächlich die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG erfüllt. Dementsprechend setzt das Gemeinschaftsrecht bei Lieferung von einem Wiederverkäufer ausdrücklich voraus, dass die Lieferung des "anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer(s) gem. dieser Sonderregelung mehrwertsteuerpflichtig ist" (26a Teil B Abs. 2 der 6. EG-RL).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.04.2009 – V R 52/07