Leitsatz
1. Die Voraussetzungen einer Anhörungsrüge nach § 133a FGO sind nur dargelegt, wenn der Antragsteller die (entscheidungserhebliche) Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt.
2. Das Vorbringen, die angefochtene Entscheidung sei materiell fehlerhaft, erfüllt diese Voraussetzung nicht.
3. Die Beteiligten müssen vor einer Verbindung zweier Nichtzulassungsbeschwerden zu gemeinsamer Entscheidung nicht gehört werden.
Normenkette
§ 73 Abs. 1 Satz 1, § 116, § 121 Satz 1, § 133a FGO
Sachverhalt
Der BFH hatte die NZB gegen zwei Urteile des FG zu gemeinsamer Entscheidung verbunden und als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wandte sich der Kläger mit der Anhörungsrüge nach § 133a FGO.
Entscheidung
Keine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht zwei Verfahren verbindet, ohne die Beteiligten davor zu unterrichten; es kann das tun, es muss es aber nicht.
Hinweis
Nach § 133a Abs. 1 Satz 1 FGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn
- ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
- das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen (§ 133a Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen darlegen (§ 133a Abs. 2 Satz 5 FGO).
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 133a Abs. 1 Satz 1 FGO kann mit dem (außerordentlichen) Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nur vorgebracht werden, das Gericht habe im Rahmen der angegriffenen Entscheidung gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Das entspricht dem mit der gesetzlichen Regelung der Anhörungsrüge verfolgten Ziel der Entlastung des BVerfG mit entsprechenden Rügen. Die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen.
Für andere"außerordentliche" Rechtsbehelfe ist, nachdem der Gesetzgeber den "außerordentlichen" Rechtsbehelf der Anhörungsrüge gesetzlich geregelt hat, kein Raum mehr. Zwar hat der IV. Senat des BFH noch in Betracht gezogen, daneben könne möglicherweise auch noch eine außerordentliche Beschwerde zulässig sein, mit der die "greifbare Gesetzwidrigkeit" einer Entscheidung geltend gemacht werden könnte. Inzwischen haben alle anderen Bundesgerichte diese Frage zu Recht verneint.
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 30.9.2005, V S 12, 13/05