Leitsatz
Verkauft der Sicherungsgeber im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers die diesem zur Sicherheit übereigneten Gegenstände an einen Dritten, führt er an den Dritten eine entgeltliche Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 aus; dieser kann deshalb die ihm vom Sicherungsgeber in Rechnung gestellte USt unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 als VSt abziehen. Zudem greift § 3 Abs. 3 UStG 1993 ein; zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt. Gleichzeitig erstarkt die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer. Es liegt ein Dreifachumsatz vor (Fortführung von BFH-Urteil vom 6.10.2005, V R 20/04, BFH-PR 2006, 72).
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 383 HGB
Sachverhalt
Die H-GmbH (Sicherungsgeber) hatte im eigenen Namen Fahrzeuge an die T-GmbH verkauft; diese wollte vergeblich die in der Rechnung ausgewiesene USt abziehen. Das FA vertrat die Auffassung, weil die Fahrzeuge der Bank sicherungsübereignet, der Sicherungsfall eingetreten und der Verkauf im Einvernehmen mit der Bank erfolgt sei, sei die Bank, nicht der Sicherungsnehmer, Veräußerer. Das FG bestätigte das FA. Eine Lieferung des Sicherungsgebers liege dagegen nur vor, wenn aus der Sicht des ursprünglichen Sicherungsverhältnisses lediglich der Sicherungsgeber ausgewechselt werde. Dies sei nicht der Fall gewesen.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Dass der Kommittent (im Streitfall die Bank) gegenüber dem Kommissionär (hier dem Sicherungsnehmer) die Modalitäten des Verkaufs beeinflussen kann, liegt in der Natur des Kommissionsgeschäfts. Die Weisungsbefugnis des Kommittenten (Innenverhältnis) berührt die Frage, wer an wen geliefert hat, grundsätzlich nicht.
Hinweis
Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender und wer als Leistungsempfänger anzusehen ist. Allein der Umstand, dass jemand im eigenen Namen aber – letztlich – für Rechnung eines Dritten Leistungen erbringt oder bezieht, rechtfertigt grundsätzlich keine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Zurechnung von Leistungen oder Leistungsbezügen.
Verkauft deshalb der Sicherungsgeber im Einverständnis mit dem Sicherungsnehmer die diesem zur Sicherheit übereigneten Gegenstände im eigenen Namen an einen Dritten, führt er eine entgeltliche Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993 aus, für die er USt schuldet.
Mit der Verwertung des Sicherungsguts für Rechnung des Sicherungsnehmers (hier die Bank) erstarkt allerdings auch die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer, der endgültig auch die wirtschaftliche Verfügungsbefugnis über die zur Sicherheit übereigneten Gegenstände erhält, wenn er aufgrund der Berechtigung im Sicherungsvertrag, über die Verwertung des Sicherungsguts bei Eintritt des Sicherungsfalls zu bestimmen, dessen Verwertung veranlasst. Veräußert der Sicherungsnehmer selbst das Sicherungsgut, liefert er an den Käufer.
Veräußert dagegen der Sicherungsgeber für Rechnung des Sicherungsnehmers das Sicherungsgut im eigenen Namen, liefert der Sicherungsgeber an den Erwerber. Gleichzeitig liegt im Verhältnis Sicherungsnehmer (Kommittent – z.B. Bank) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) ein Fall des Kommissionsgeschäfts (§ 3 Abs. 3 UStG 1993) vor, bei dem der Sicherungsgeber (Verkäufer und Kommissionär) als Abnehmer gilt (Dreifachumsatz).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.3.2006, V R 9/03